Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
spielen
spie|len [mittelhochdeutsch spiln, althochdeutsch spilōn, ursprünglich = sich lebhaft bewegen, tanzen]:1. a) sich zum Vergnügen, Zeitvertreib und allein aus Freude an der Sache selbst auf irgendeine Weise betätigen, mit etwas beschäftigen:
die Kinder spielen [miteinander, im Hof, im Sandkasten];
mit einem Ball, der elektrischen Eisenbahn, einer Puppe spielen;
du darfst noch für eine Stunde spielen gehen;
er spielt schon wieder mit seinem neuen Computer;
die Katze spielt mit einem Wollknäuel, einer Maus;
spielende Kinder;
Die Frau und das Kind saßen am Abend im Wohnraum und spielten mit Würfelbechern (Handke, Frau 114);
Ü die Sonne spielte den ganzen Tag über in den Bäumen (Richter, Etablissement 261);
b) etwas fortwährend mit den Fingern bewegen; an etwas herumspielen:
sie spielte an/mit ihrem Armband, Ohrring;
er spielte an ihren Brüsten, mit ihrem Haar;
der Wind spielte mit ihren Haaren;
c) ein bestimmtes ↑ "Spiel" (1 b) zum Vergnügen, Zeitvertreib, aus Freude an der Sache selbst machen:
Halma, Skat, ein Spiel, ein Gesellschaftsspiel spielen;
[mit jemandem, gegen jemanden] Schach spielen;
Verstecken, Fangen, Blindekuh, Indianer, Räuber und Gendarm spielen;
wollen wir noch eine Partie spielen?;
d) (Kartenspiele) im Spiel einsetzen, ausspielen:
Herz, Trumpf, den Buben, eine andere Farbe spielen;
e) ein bestimmtes ↑ "Spiel" (1 b) beherrschen:
spielen sie Skat?;
sie spielt sehr gut Schach.
2. sich an einem Glücksspiel beteiligen:
hoch, niedrig, riskant, vorsichtig, um Geld, mit hohem Einsatz, um hohe Summen spielen;
im Lotto, Toto spielen;
er begann zu spielen (wurde ein Spieler);
Lotto, Toto, Roulette spielen.
3. a) [als Sport] ein bestimmtes Ballspiel o. Ä. spielen:
Fußball, Handball, Hockey, Golf, Billard spielen;
sie spielt hervorragend Tennis;
er kann wegen einer Verletzung zurzeit nicht spielen;
b) einen sportlichen Wettkampf austragen:
die Mannschaft spielt heute [gut, schlecht, enttäuschend, offensiv, auswärts];
gegen einen starken Gegner spielen;
es wird in der Halle gespielt;
um Punkte, um die Meisterschaft spielen;
c) sich in bestimmter Weise spielen (3 b) lassen:
auf nassem Rasen spielt es sich schlecht;
in der Halle spielt es sich besser;
d) (einen Ball o. Ä.) im Spiel irgendwohin gelangen lassen:
den Ball, die Scheibe vors Tor spielen;
die schwarze Kugel über die Bande ins Loch spielen;
e) (einen Ball o. Ä.) in einer bestimmten Weise im Spiel bewegen:
den Ball hoch, flach, mit Effet spielen;
f) ein Spiel mit einem bestimmten Ergebnis abschließen, beenden:
unentschieden spielen;
die deutsche Mannschaft hat 1: 0 gespielt;
g) (Ballspiele, Eishockey) als ↑ "Spieler" (a) einen bestimmten ↑ "Posten" (2 c) einnehmen:
im Tor, in der Abwehr, halblinks spielen;
Libero spielen (als Libero spielen).
4. durch Spielen (1 a, c, 2, 3 b) in einen bestimmten Zustand gelangen:
die Kinder haben sich müde, hungrig gespielt;
sich beim Roulette um sein Vermögen spielen;
sich warm, in Form spielen.
5. a) auf einem Musikinstrument musizieren:
Gitarre spielen;
sie spielt seit Jahren Cello;
er spielt in einer Band Saxophon;
sie spielt [gut, schlecht] Klavier (kann [gut, schlecht] Klavier spielen);
b) auf einem Musikinstrument darbieten:
eine Melodie, Etüde, Sonate [auf dem Klavier] spielen;
das Orchester spielte einen Walzer, Jazz, Tanzmusik;
sie spielten [Werke von] Haydn und Mozart;
Ü das Radio spielte (im Radio hörte man) eine Symphonie;
spiel doch mal eine Schallplatte (umgangssprachlich; lege eine Schallplatte auf)!;
denn dieses Lied »macht ein gutes Gefühl«. Und so spielten sie es im Programm von SWR 3, und wirklich: es wurde ein Hit (FAZ 9. 7. 99, 48);
c) musizieren:
auswendig, vom Blatt, nach Noten spielen;
vierhändig, auf zwei Flügeln spielen;
gekonnt, routiniert, anmutig, mit Gefühl spielen;
sie spielt im Schulorchester, in einer Rockband;
die Band spielt heute in Köln;
das Orchester, die Musik begann zu spielen;
zum Tanz spielen;
das Radio spielt (läuft) bei ihm den ganzen Tag;
Und schließlich ist er seit den sechziger Jahren einer der großen Pioniere der Fusion von afrokaribischer Musik und Jazz, hat mit allem gespielt, was in der … »Salsa«-Szene Rang und Namen hat (FAZ 10. 7. 99, 46).
6. a) (eine Gestalt in einem Theaterstück, Film) schauspielerisch darstellen:
eine kleine Rolle, die Hauptrolle [in einem Stück] spielen;
den Hamlet [eindrucksvoll, überzeugend] spielen;
die Hauptdarstellerin spielte manieriert, gut, eindringlich;
b) als Darsteller auftreten:
jeden Abend spielen müssen;
er spielt am Burgtheater (hat dort ein Engagement als Schauspieler);
c) (ein Bühnenstück) aufführen, (einen Film) vorführen:
eine Komödie, Oper spielen;
das Staatstheater spielt heute Hamlet;
das Kino spielt, im Kino spielen sie schon wieder »Casablanca«;
was wird heute im Theater gespielt?;
Ü was wird hier gespielt? (umgangssprachlich; was geht hier vor sich?);
d) durch seine Leistung im ↑ "Spiel" (1 d, 5 a, b) in einen bestimmten Rang aufsteigen:
mit dieser Rolle hat er sich ganz nach vorn, in die erste Reihe gespielt;
die Mannschaft hat sich an, in die Weltspitze gespielt.
7. (von der Handlung eines literarischen Werks o. Ä.) sich irgendwann, irgendwo zutragen:
der Film, Roman spielt im 16. Jahrhundert, in Berlin, im Berlin der Zwanzigerjahre;
Dieser Roman, so weitab er zu spielen scheint, ist im höchsten Sinne aktuell (Reich-Ranicki, Th. Mann 132);
K (landschaftlich spielen + sich; unpersönlich:) Einmal … spielte es sich, als sollte in unserem großen Ofen auch Fleisch gebraten werden (Rosegger, Waldbauernbub 150).
8. a) etwas Bestimmtes zu sein vorgeben; vortäuschen, vorgeben:
den Überlegenen spielen;
sie spielt gerne die große Dame;
spiel hier nicht den Narren, den Unschuldigen!;
mit gespielter Gleichgültigkeit;
gespieltes Interesse;
Er war überzeugt, dass diese Ohnmacht nicht gespielt war (Loest, Pistole 82);
b) eine bestimmte Rolle, Funktion übernehmen:
könntest du nicht mal [den] Mundschenk, [die] Dolmetscherin spielen?;
sie will nicht den ganzen Tag Hausfrau spielen;
ich denke ja gar nicht daran, schon wieder den Chauffeur zu spielen;
Er hatte doch eine Zeit lang das Gefühl gehabt, der Streit werde ihm vorgetragen, damit er den Schiedsrichter spiele (M. Walser, Seelenarbeit 118);
Er bereitete sich darauf vor, den Sündenbock zu spielen (H. Gerlach, Demission 106).
9. leichtfertig, mit launenhafter Willkür mit jemandem, einer Sache umgehen:
mit jemandem, jemandes Gefühlen [nur] spielen;
[leichtsinnig] mit seinem Leben spielen (sein Leben riskieren);
er spielt gern mit Worten (liebt Wortspiele).
10. a) [sich] unregelmäßig, ohne bestimmten Zweck, leicht und daher wie spielerisch [hin und her] bewegen:
der Wind spielt in den Zweigen, in ihren Haaren;
das Wasser spielte um seine Füße;
Ü ein Lächeln spielte um ihre Lippen (ein leichtes Lächeln war auf ihrem Gesicht zu sehen);
b) von einem Farbton in einen anderen übergehen:
ihr Haar spielt [etwas] ins Rötliche;
der Diamant spielt (glitzert) in allen Farben;
ein ins Grünliche spielendes Gelb;
unter meiner schlaffer werdenden Gesichtshaut, die vom Bräunlichen ins Gelbliche zu spielen beginnt, sehe ich im Spiegel manchmal den eigenen Totenschädel (Stern, Mann 206).
11. heimlich irgendwohin gelangen lassen; jemandem unauffällig ↑ "zuspielen" (2):
jemandem etwas in die Hände spielen;
Hausminister von Knobelsdorff war es gewesen, der eine … Verlautbarung … in die Tagespresse gespielt hatte (Th. Mann, Hoheit 133).
12.etwas spielen lassen/spielenlassen (etwas für eine bestimmte Wirkung einsetzen, wirksam werden lassen: seine Beziehungen, Verbindungen spielen lassen; sie ließ ihren Charme, ihre Reize spielen; lass doch mal deine Fantasie spielen!);
sich mit etwas spielen (süddeutsch, österreichisch: 1. etwas nicht ernsthaft betreiben. 2. etwas mühelos bewältigen).
13. (besonders schweizerisch) funktionieren, wirksam werden:
Einschränkungen sind nur dort vorzusehen, wo Monopolmedien vorhanden sind und der Wettbewerb nicht spielen kann (NZZ 30. 8. 83, 15);
Die Gewaltentrennung spielt … sowohl gegenüber dem Gesetzgeber als auch gegenüber der Verwaltung (Nordschweiz 29. 3. 85, 13);
Muss notwendigerweise auch in Zukunft das ablaufen, was in der Vergangenheit gespielt hat? (Weltwoche 17. 5. 84, 19).
14. a) (von Geschützen) einen Schuss, Schüsse abgeben; abgefeuert werden:
Drauf spielte das Geschütz, und Blumensträuße, wohlriechend köstliche Essenzen wurden aus niedlichen Feldstücken abgefeuert (Schiller, Maria Stuart II, 1);
da … alle Batterien, die man … spielen ließ, nicht nur ohne Wirkung blieben … (Wieland, Abderiten IV, 9);
b) ↑ "schießen" (1 c):
Um Mitternacht fing das Bombardement an, sowohl von der Batterie auf unserm rechten Ufer als von einer andern auf dem linken, welche näher gelegen und mit Brandraketen spielend, die stärkste Wirkung hervorbrachte (Goethe, Kampagne in Frankreich 1792, 30. August).
15. übertragen, überspielen:
Allzu schnell sind Daten – im Fall der britischen Gesundheitsbehörde auch streng vertrauliche – auf den USB-Stick gespielt (Standard 27. 1. 2009, T6).
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