Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
spannen
spạn|nen [mittelhochdeutsch spannen, althochdeutsch spannan = (sich) dehnen; ziehend befestigen, im Frühneuhochdeutschen zusammengefallen mit dem Veranlassungswort mittelhochdeutsch spennen = (an)spannen, ursprünglich = ziehen, sich ausdehnen; vgl. ↑ "Gespenst"]:1. a) etwas so dehnen, ziehen, dass es straff, glatt ist:
die Saiten einer Geige, Gitarre spannen;
den Geigenbogen spannen;
das Fell einer Trommel spannen;
den Bogen spannen;
die Katze spannte ihre Muskeln zum Sprung;
Gardinen spannen (mithilfe eines Rahmens in die gewünschte Form ziehen);
gespanntes Gas (Technik; unter Druck stehendes Gas);
Ü seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt;
du darfst deine Erwartungen nicht zu hoch spannen;
die Rechte behielt ich oben, denn damit spannte ich ja den Zügel des Braunen (H. Kolb, Wilzenbach 9);
damit würde der begriffliche Rahmen sehr weit gespannt (Fraenkel, Staat 35);
er will nun … die Grenzen seiner Macht unablässig dehnen und spannen (St. Zweig, Fouché 144);
b) spannen (1 a) und befestigen:
eine Wäscheleine, ein Seil spannen;
ein Netz spannen;
eine Plane über den Wagen spannen;
wie die Brücke, die ein großer Baumeister … über einen Strom spannt (Thieß, Legende 208);
Die Sonne spannte breite Lichtbänder zwischen die Stämme (Geissler, Wunschhütlein 35);
der Himmel spannt lächelnd sein blaues Dach über Fluss, Dom, Brücke (Bamm, Weltlaterne 21);
c) straff, fest werden:
als die Pferde anzogen, spannten sich die Gurte;
seine Muskeln spannten sich;
sein Gesicht, seine Züge spannten sich (er bekam einen wachsamen, konzentrierten Gesichtsausdruck);
seine Hand spannte sich (schloss sich fest) um den Stock, um den Griff seiner Waffe;
ihre schweren, ewig vibrierenden Schenkel, über denen die Röcke sich spannen (Langgässer, Siegel 250);
d) in etwas (z. B. einer Halterung) festklemmen, einspannen:
einen Bogen in die Schreibmaschine spannen;
ein Werkstück in den Schraubstock spannen;
e) (durch Betätigen einer entsprechenden Vorrichtung) bereit zum Auslösen machen:
den Hahn einer Pistole, ein Gewehr spannen;
der Fotoapparat war nicht gespannt.
2. zu eng sein, zu straff [über etwas] sitzen und dadurch eine unangenehme Empfindung verursachen:
die Jacke spannt [mir];
das Kleid spannt [unter den Armen];
Ü nach dem Sonnenbad spannte meine Haut.
3. die Gurte eines Zugtieres an einem Fuhrwerk o. Ä. befestigen:
ein Pferd an/vor den Wagen, die Ochsen vor den Pflug spannen;
Ü … habe er alles Volk ohne Ausnahme in die Fron gespannt (Th. Mann, Joseph 740).
4. (gehoben) sich [über etwas] erstrecken, wölben:
die Brücke spannt sich über den Fluss;
ein Regenbogen spannte sich über den Himmel;
In weitem Bogen spannen sich die Gewölbe und Gurte (Bild. Kunst III, 22).
5. (Fachsprache) eine bestimmte Spannweite haben:
der Vogel, der Schmetterling spannt 10 cm;
die Tragflächen des Flugzeugs spannen zwanzig Meter;
das Geweih spannt über einen Meter.
6. [eigentlich = mit dem gespannten Bogen lauernd auf eine Beute warten]
a) (umgangssprachlich) seine ganze Aufmerksamkeit auf jemanden, etwas richten; etwas genau verfolgen, beobachten:
auf die Vorgänge, Gespräche in der Nachbarwohnung spannen;
die Katze spannt (lauert) auf die Maus;
er spannt (wartet ungeduldig) seit Jahren auf die Erbschaft;
die Lage spannen (auskundschaften);
sie vergewisserte sich erst, dass im Treppenhaus niemand spannte (aufpasste, lauschte);
er geht nur an den FKK-Strand, um zu spannen (um seinem Voyeurismus zu frönen);
Er spannte auf eine Gelegenheit, mit Zweiling ins Gespräch zu kommen (Apitz, Wölfe 165);
b) (landschaftlich, besonders süddeutsch, österreichisch) merken; einer Sache gewahr werden:
endlich hat er [es] gespannt, dass du ihn nicht leiden kannst;
das darf dem P. T. Publikum, soweit es das Malheur nicht selber spannt, um Gottes Willen nicht ausgeplauscht werden (Brod, Annerl 123).
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