Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
Sinn
Sịnn, der; -[e]s, -e [mittelhochdeutsch, althochdeutsch sin, eigentlich = Gang, Reise, Weg]:1.
a) Fähigkeit der Wahrnehmung und Empfindung (die in den Sinnesorganen ihren Sitz hat):
verfeinerte, wache, stumpfe Sinne;
die fünf Sinne, nämlich das Hören, das Sehen, das Riechen, das Schmecken und das Tasten;
der Maulwurf sieht nicht gut, seine übrigen Sinne sind dafür umso schärfer;
etwas schärft die Sinne, stumpft die Sinne ab;
seine Sinne für etwas öffnen, vor etwas verschließen;
etwas mit den Sinnen wahrnehmen, aufnehmen;
jemandem schwinden, vergehen die Sinne (jemand droht das Bewusstsein zu verlieren, ohnmächtig zu werden);
ihre Sinne hatten sich verwirrt (sie konnte nicht mehr klar denken);
der Alkohol umnebelte seine Sinne;
seiner Sinne nicht mehr mächtig sein, nicht mehr Herr seiner Sinne sein (sich nicht mehr beherrschen können, außer sich sein);
aber jetzt waren seine Sinne klar und ließen ihn alles miterleben (Loest, Pistole 106);
sechster/(auch:)siebter Sinn (besonderer Instinkt, mit dem sich etwas richtig einschätzen, vorausahnen lässt: einen sechsten Sinn haben; etwas mit dem sechsten Sinn wahrnehmen; Frauen … haben einen siebten Sinn, der gerne »weibliche Intuition« genannt wird [taz 14. 5. 2003, 26]);
seine fünf Sinne zusammennehmen/zusammenhalten (umgangssprachlich; aufpassen, sich konzentrieren);
seine fünf Sinne nicht beisammenhaben (umgangssprachlich; nicht recht bei Verstand sein);
[nicht] bei Sinnen sein ([nicht] bei klarem Verstand sein: die Großmutter ist nicht mehr ganz bei Sinnen; bist du noch bei Sinnen? [Ausruf der Verärgerung, der Entrüstung über jmds. Verhalten od. Tun]);
[wie] von Sinnen sein (überaus erregt sein, außer sich sein: sie war wie von Sinnen vor Wut; sind Sie denn ganz und gar von Sinnen? [Ausruf der Verärgerung, der Entrüstung über jmds. Verhalten od. Tun]);
b) (gehoben) geschlechtliches Empfinden, Verlangen:
jemandes Sinne erwachen;
die Tänzerin erregte seine Sinne, brachte seine Sinne in Aufruhr;
ich wartete noch immer darauf, im Taumel der Sinne zu vergehen (Perrin, Frauen 65).
2. Gefühl, Verständnis für etwas; innere Beziehung zu etwas:
sie hat [viel] Sinn für Blumen, für Humor;
er hatte wenig Sinn für Familienfeste (mochte sie nicht);
Sinn für Stil lag dem byzantinischen Griechen im Blute (Thieß, Reich 400);
Golo Manns hervorstechender Sinn für das Wesentliche (Reich-Ranicki, Th. Mann 229);
Hast du keinen Sinn für die Schönheiten der Natur? (Remarque, Obelisk 70).
3. (gehoben)
a) jemandes Gedanken, Denken:
jemandes Sinn ist auf etwas gerichtet;
er hat seinen Sinn (seine Einstellung, Haltung [dazu]) geändert;
er ist in dieser Sache anderen Sinnes (gehoben; hat eine andere Meinung darüber);
sie war eines Sinnes (gehoben; einer Meinung) mit mir;
bei der Besetzung der Stelle hatte man ihn im Sinn (an ihn gedacht, wollte ihn berücksichtigen);
ich dachte, es sei auch in deinem Sinne (du seist auch dafür);
er hat ganz in meinem Sinn (wie ich es mir gewünscht habe, hätte) gehandelt;
das ist [nicht ganz] nach meinem Sinn (gefällt mir so [nicht ganz]);
jemandem steht der Sinn [nicht] nach etwas (jemand hat [keine] Lust zu etwas, ist [nicht] auf etwas aus: der Sinn stand ihr nicht nach vielem Reden; wonach steht dir denn der Sinn?);
jemandem aus dem Sinn kommen (von jemandem vergessen werden: ich wollte ihn gestern schon anrufen, aber irgendwie ist es mir dann doch wieder [ganz] aus dem Sinn gekommen);
jemandem nicht aus dem Sinn gehen (↑ "Kopf" [3]);
sich etwas aus dem Sinn schlagen (↑ "Kopf" [3]);
jemandem durch den Sinn gehen/fahren (jemandem [plötzlich] einfallen und ihn beschäftigen);
jemandem im Sinn liegen (veraltend; jemandes Gedanken ständig beschäftigen);
etwas im Sinn haben (etwas Bestimmtes vorhaben: was hast du im Sinn?; Aber er selber hatte anderes im Sinn, sein künstlerischer Ehrgeiz ging … in eine ganz andere Richtung [Reich-Ranicki, Th. Mann 158]);
mit jemandem, etwas nichts im Sinn haben (mit jemandem, etwas nichts zu tun haben wollen);
jemandem in den Sinn kommen (jemandem einfallen: Stefan hatte nichts einzuwenden, es kam ihm überhaupt nicht in den Sinn [Rolf Schneider, November 208]);
jemandem nicht in den Sinn wollen (↑ "Kopf" [3]);
jemandem zu Sinn sein, werden (gehoben; jemandem zumute sein, werden: Er trug ein großes Verlangen, ihr zu schreiben, wie ihm zu Sinn war [Feuchtwanger, Erfolg 355]);
b) Sinnesart, Denkungsart:
ein hoher, edler Sinn war ihm eigen;
seine Frau hat einen realistischen, praktischen, heiteren, geraden Sinn;
sie war frohen Sinnes.
4. gedanklicher Gehalt, Bedeutung; Sinngehalt:
der verborgene, geheime, tiefere, wahre Sinn einer Sache;
der Sinn seiner Worte, dieser Äußerung blieb mir verborgen;
der Sinn des Gedichts erschließt sich leicht;
den Sinn von etwas erfassen, ahnen, begreifen;
etwas ergibt [k]einen Sinn;
etwas macht [k]einen Sinn (umgangssprachlich; etwas ergibt [k]einen Sinn, ist [nicht] verständlich, sinnvoll; nach englisch something makes sense);
jemandes Äußerung dem Sinne nach wiedergeben;
im herkömmlichen, klassischen, ursprünglichen, eigentlichen, strengen, wörtlichen, engeren, weiteren, weitesten Sinn;
im Sinne des Gesetzes (so, wie es das entsprechende Gesetz vorsieht);
er hat sich in einem ähnlichen Sinn geäußert;
ich habe lange über den Sinn seiner Worte nachgegrübelt, nachgedacht;
Die Worte haben alle einen doppelten Sinn (Chr. Wolf, Nachdenken 231);
Für mich macht durchaus Sinn, wenn man sagt … (Spiegel 27, 1983, 86);
Das macht Sinn, weil Daten- und Nachrichtentechnik künftig immer enger zusammenwachsen dürften (Spiegel 46, 1981, 106);
Alles ist verzerrt, schreiend, übertrieben … romantisch also im üblen Sinne (Reich-Ranicki, Th. Mann 157);
[nicht] im Sinne des Erfinders sein (umgangssprachlich; [nicht] in jemandes ursprünglicher Absicht liegen: Das wäre nicht im Sinne des Erfinders [Spiegel 44, 1977, 226]).
5. Ziel und Zweck, Wert, der einer Sache innewohnt:
etwas hat seinen guten Sinn;
den Sinn von etwas nicht erkennen, sehen;
hat es überhaupt einen Sinn, das zu tun?;
es hat keinen, wenig, nicht viel Sinn (ist [ziemlich] sinnlos, zwecklos), damit zu beginnen;
einen Sinn in etwas bringen;
die Sinn stiftende (gehoben; Sinngebung bewirkende) Kraft des Glaubens;
etwas hat seinen Sinn verloren;
etwas macht keinen/wenig Sinn (umgangssprachlich; hat keinen/wenig Sinn; nach englisch it doesn't make [any] sense);
nach dem Sinn des Lebens fragen;
etwas ist ohne Sinn (ist sinnlos);
was hat dieses Philosophieren für einen praktischen Sinn? (Langgässer, Siegel 553);
um dem Dasein einen Sinn abzugewinnen (Müthel, Baum 67);
es macht wenig Sinn, davon den Frauen zu klagen (Frings, Liebesdinge 18);
Macht es denn überhaupt Sinn, dass kleine Anleger jetzt noch Gold kaufen? (Spiegel 1/2, 1980, 32);
ohne irgendeinen Wert oder Sinn zu schaffen – keine Kinder, kein Garten, kein Reichtum (Strauß, Niemand 81);
ohne Sinn und Verstand (ohne jede Überlegung; unsinnig, sinnlos: er arbeitet ohne Sinn und Verstand);
weder Sinn noch Verstand haben (völlig unsinnig sein: sein Vortrag hatte weder Sinn noch Verstand).
6. Absicht, Vorhaben:
Jeder nahm sich vor, auch irgendein Stück auf diese Art zu studieren und den Sinn des Verfassers zu entwickeln (Goethe, Lehrjahre IV, 3);
jemandem durch den Sinn fahren (1. jemandes Plan vereiteln, jemandes Vorhaben behindern: Ich fahr ihnen alle Tag durch den Sinn, sag ihnen die bittersten Wahrheiten, dass sie mein müde werden und mich erlassen sollen [Goethe, Götz V]. 2. jemand widersprechen: Man muss dem Philosophen durch den Sinn fahren, sagten sie, man muss ihm nicht weismachen, dass er alles besser wisse als wir [Wieland, Abderiten I, 9]).
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