Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
rühren
rüh|ren [mittelhochdeutsch rüeren, ruoren, althochdeutsch (h)ruoren, ursprünglich = bewegen, dann: anstoßen, anfassen, betasten]:1. a) die Bestandteile einer Flüssigkeit, einer breiigen oder körnigen Masse (mit einem Löffel o. Ä.) in kreisförmige Bewegung bringen, um sie [zu einer einheitlichen Masse] zu vermischen:
die Suppe, den Brei rühren;
der Teig muss eine halbe Stunde gerührt werden;
mit dem Löffel im Kaffee, in der Kaffeetasse rühren;
du musst rühren, damit die Soße nicht anbrennt;
er … rührte mit einem Span in der Asche (Wiechert, Jeromin-Kinder 55);
Zwei Ventilatoren mit drei Flügelpropellern rühren die Luft (Grass, Butt 229);
b) unter Rühren (1 a) hinzufügen:
ein Ei an/unter den Grieß rühren;
das Puddingpulver in die kochende Milch rühren.
2. a) ein Glied des Körpers, sich ein wenig bewegen:
[vor Müdigkeit] die Glieder, die Arme, die Beine nicht mehr rühren können;
vor Kälte die Finger kaum rühren können;
sie konnte sich in dem engen Kleidungsstück kaum rühren;
sich [vor Angst] nicht zu rühren wagen;
sich nicht [von der Stelle, vom Platz, vom Fleck] rühren, um nicht bemerkt zu werden;
kein Lüftchen rührte sich (es war windstill);
der Verunglückte rührte sich nicht mehr (lag leblos da);
Ü du musst dich mehr rühren (gehoben; musst aktiver werden);
warum hast du dich nicht gerührt (gemeldet)? Ich hätte doch gerne geholfen!;
Nella klopfte, aber drinnen rührte sich nichts (niemand kam, um zu öffnen; Böll, Haus 189);
Mein Vater hat … zu uns Kindern gesagt: Ihr habt von mir Hände mitbekommen, die ihr rühren (gehoben; mit denen ihr arbeiten) könnt (Kühn, Zeit 347);
schwunghaft blühte der Straßenhandel mit dem Schundschriftchen, und niemand rührte sich (unternahm etwas; nichts geschah; Maass, Gouffé 234);
sich nicht rühren können (umgangssprachlich; finanziell, wirtschaftlich sehr eingeengt sein);
b) (Militär) eine gelockerte stehende Haltung einnehmen:
rührt euch!;
Alle nahmen Haltung an …, rührten dann wieder, als er es ihnen erlaubte (Kirst, 08/15, 232);
Rühren Sie, Gefreiter Bodmer! (Remarque, Obelisk 9).
3. (gehoben) etwas vorsichtig berühren, anfassen:
nicht an die zerbrechlichen Gegenstände rühren!;
er rührte sacht an ihrem Arm, an ihrer Schulter;
Ü an einen Kummer, eine schmerzliche Erinnerung rühren (jemanden im Gespräch wieder darauf bringen);
seine Fragen rühren an (berühren) schwierige Probleme;
wir wollen nicht mehr daran, an diese/(seltener:) dieser Sache rühren (wollen die Sache auf sich beruhen lassen);
im Keller hat die noch 20 Glas Sauerkirschen, an die sie nicht rührt (die sie aufhebt, nicht aufmacht; Kronauer, Bogenschütze 308);
An sie (= die Allee) rührte (grenzte) das Gebäude mit seiner schmalen, einteiligen Stirnseite wie ein Schiffsbug, während die beiden Seitentrakte nach hinten, entlang der Gassen sich ausdehnten (Strauß, Niemand 19);
Er … blieb einen Augenblick später, den Arm noch vorgestreckt, wie von einem großen Schrecken gerührt (starr vor Schreck) stehen (Ransmayr, Welt 15);
ein … Parlament, an dessen Freiheiten die Ausnahmegewalt nicht rühren (dessen Freiheiten sie nicht antasten) … kann (Fraenkel, Staat 323);
K Leise, Brackenburg, du fühlst nicht, was (woran) du rührst (Goethe, Egmont V);
R o rühret, rühret nicht daran (wir wollen dieses schwierige Problem o. Ä. nicht weiter erörtern; Vers aus E. Geibels [deutscher Dichter, 1815–1884] Gedicht »Wo still ein Herz von Liebe glüht«).
4. innerlich berühren, weich stimmen; Rührung bei jemandem bewirken:
sie rührte die Menschen, die Herzen der Menschen;
seine Worte rührten uns zu Tränen (in einem Maße, dass uns die Tränen kamen);
es rührte ihn überhaupt nicht (es ließ ihn völlig gleichgültig), dass …;
tief gerührt sein;
sie war über den freundlichen Empfang gerührt;
Sie hat das Talent, bei jeder Gelegenheit gerührt zu sein (Chotjewitz, Friede 172);
ein menschliches Rühren verspüren (verhüllend, auch scherzhaft; den Drang verspüren, seine Notdurft zu verrichten).
5. (gehoben) seine Ursache, seinen Grund in etwas haben:
das rührt daher, dass …;
viele Missverständnisse rührten daher, dass …;
ehemals habe er Hunger gelitten, woher die grünliche Färbung seines Gesichtes rühre (Th. Mann, Hoheit 55).
6. (gehoben veraltend) (ein Instrument) [durch Schlagen oder Zupfen] zum Klingen bringen:
die Trommel, die Harfe, die Leier rühren.
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