Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
reichen
rei|chen [mittelhochdeutsch reichen, althochdeutsch reichen, ursprünglich = sich erstrecken]:1. a) (oft gehoben) jemandem etwas zum Nehmen hinhalten:
jemandem ein Buch, für seine Zigarette Feuer, bei Tisch das Salz reichen;
der Schaffnerin die Fahrkarte reichen;
der Geistliche reichte ihnen das Abendmahl;
sie reichten sich [gegenseitig]/(gehoben:) einander [zur Begrüßung, zur Versöhnung] die Hand;
er reichte ihm das Essen durch die Luke in der Tür;
Ü Menschen mit sonst gegensätzlichen Anschauungen reichen sich die Hand als Christen (Nigg, Wiederkehr 15);
b) [einem Gast] servieren, anbieten:
den Gästen Erfrischungen reichen;
Getränke wurden an der Bar gereicht;
(in Kochrezepten:) dazu reicht man Butterreis oder Spätzle.
2. a) in genügender Menge für einen bestimmten Zweck o. Ä. vorhanden sein:
das Geld reicht nicht [mehr];
das Brot muss für vier Personen, noch bis Montag reichen;
der Stoff reicht [für ein, zu einem Kostüm];
das muss für uns beide reichen;
drei Männer reichen für den Möbeltransport;
der [Treibstoff im] Tank reicht für eine Fahrstrecke von 500 km;
danke, es reicht (ich habe genug);
die Schnur reicht (ist lang genug);
solange der Vorrat reicht (noch etwas davon vorhanden ist);
die Steinkohlenlager werden nicht ewig reichen;
Ich hatte in Frankreich mittlere Erfolge, aber es reichte nie zur Spitze (meine Leistungen waren keine Spitzenklasse; Freizeitmagazin 12, 1978, 2);
So was kann ich ja gar nicht diktieren, dafür reicht mein Kopf nicht (bin ich nicht intelligent genug; Fallada, Jeder 290);
jemandem reicht es (umgangssprachlich; ↑ "langen" [1 a]);
b) in genügender Menge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung haben, ohne dass es vorher aufgebraucht wird; mit etwas auskommen:
mit dem Geld nicht reichen;
mit dem Aufschnitt reichen wir noch bis morgen.
3. sich bis zu einem bestimmten Punkt erstrecken:
er reicht mit dem Kopf fast bis zur Decke;
die Zweige des Obstbaums reichen bis in den Garten der Nachbarin;
so weit der Himmel reicht (so weit man sehen kann; überall);
Ü ihr Einfluss reicht sehr weit;
die Entwicklung reicht vom Spätmittelalter bis ins 17. Jahrhundert;
Der Schnitt reicht bis tief ins Unterhautfettgewebe (Hackethal, Schneide 31);
Das Angebot reicht vom Schlauchboot über Surfbretter … bis hin zur Luxusyacht (Caravan 1, 1980, 8).
4. a) ↑ "strecken" (1 c):
Wenn er … in freier nächtlicher Stunde … über einen großen Platz wandelte und seine Hände gen Himmel reichte (Goethe, Theatralische Sendung I, 20);
b) irgendwohin greifen, fassen:
… indem es (= das Kind) mit den kleinen Händchen lange in die Höhe gereicht hatte, ehe es (= das Brot) noch abgeschnitten war, und nun mit seinem Abendbrote vergnügt … wegsprang (Goethe, Werther I, 16. Junius);
c) ↑ "erreichen" (1):
Steig auf meine Schultern, da kannst du die Lücke reichen (Goethe, Götz III);
Ü Wart'! Heute reich' ich dich (bekomme ich dich zu fassen). Heute streust du keinen Sand mir in die Augen (Kleist, Krug 11);
d) ↑ "erreichen" (4):
Wie gering musst' er sie schätzen, da er's unternahm, bei Ihnen mit diesem plumpen Gaukelspiel zu reichen! (Schiller, Don Carlos V, 4).
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