Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
Ohr
Ohr, das; -[e]s, -en [mittelhochdeutsch ōre, althochdeutsch ōra; alte indogermanische Bezeichnung mit unklarem Benennungsmotiv]:Gehörorgan bei Mensch und Wirbeltier, dessen äußerer Teil je ein meist an beiden Seiten des Kopfes ansitzendes, bei Tieren häufig bewegliches, muschelartig gebogenes, knorpeliges Gebilde ist:
große, kleine, anliegende, abstehende Ohren;
die Ohren schmerzen mir/mich;
mein Ohr läuft (aus dem Ohr tritt Sekret);
die Ohren dröhnen ihr vom Lärm;
auf Passbildern musste früher ein Ohr frei sein;
rote Ohren bekommen;
gute, scharfe, schlechte Ohren haben (gut, schlecht hören können);
sich die Ohren zuhalten;
lauschend das Ohr an die Wand legen;
liebliche Töne trafen ihr Ohr;
das Tier spitzt seine Ohren;
das Pferd legt die Ohren an;
jemanden am Ohr ziehen;
den Hörer ans Ohr halten;
auf dem linken Ohr ist er taub;
jemanden bei den Ohren packen;
für heutige/unsere Ohren (moderne Menschen) klingt das altmodisch;
das ist etwas für geschulte Ohren;
Wasser ins Ohr bekommen;
jemandem etwas ins Ohr flüstern;
ein Sausen in den Ohren verspüren;
ich stopfe mir Watte in die Ohren;
der Wind pfiff mir um die Ohren;
Ü wo hast du denn deine Ohren? (umgangssprachlich; kannst du nicht aufpassen?; wirst du wohl zuhören!);
das Kind hat [anscheinend] keine Ohren (umgangssprachlich; will nicht hören, kann nicht gehorchen);
In Bonn hat er das Ohr des Kanzlers (der Kanzler hört auf ihn; Woche 4. 4. 97, 3);
Sabina steckte sich die Walkman-Hörer in die Ohren (Thor [Übers.], Ich 49);
R es gibt [gleich] rote Ohren! (umgangssprachlich scherzhaft; Drohung, jemandem ein paar Ohrfeigen zu geben); dir fehlt bald ein Satz Ohren (salopp scherzhaft; Drohung, jemanden fürchterlich zu verprügeln);
ganz Ohr sein (umgangssprachlich; sehr aufmerksam, gespannt zuhören: Sprich nur weiter! Ich bin ganz Ohr! [Ziegler, Labyrinth 86]);
jemandem klingen die Ohren (umgangssprachlich scherzhaft; jemand spürt, dass andere an ihn denken oder über ihn sprechen; der leise, hohe Ton, den man gelegentlich in den Ohren hat, wird im Volksglauben damit in Verbindung gebracht, dass ein anderer über einen redet);
ein [feines] Ohr für etwas haben (etwas [nach dem Klang] genau beurteilen können; ein feines Empfinden für etwas haben);
Ohren wie ein Luchs haben (sehr scharf hören);
lange Ohren machen (umgangssprachlich; neugierig lauschen);
die Ohren auftun/aufmachen/aufsperren/auf Empfang stellen (umgangssprachlich scherzhaft; genau zuhören);
die Ohren spitzen (umgangssprachlich; aufmerksam horchen, lauschen);
die Ohren auf Durchfahrt/Durchzug stellen (umgangssprachlich scherzhaft; sich etwas anhören, es aber nicht beherzigen, es gleich wieder vergessen);
jemandem sein Ohr leihen (gehoben; jemandem zuhören);
ein offenes Ohr für jemanden haben (jemandes Bitten und Wünschen zugänglich sein);
bei jemandem ein geneigtes/offenes/williges Ohr finden (gehört, verstanden werden und Hilfe zugesagt bekommen);
[vor jemandem] die Ohren verschließen (unzugänglich für [jemandes] Bitten sein);
jemandem die Ohren kitzeln/pinseln (umgangssprachlich; jemandem Schmeicheleien sagen);
sich die Ohren melken lassen (umgangssprachlich; auf Schmeicheleien hereinfallen und dabei übervorteilt werden);
die Ohren steifhalten (umgangssprachlich; sich nicht unterkriegen lassen; nicht den Mut verlieren; nach einer Beobachtung von Tieren [besonders Pferden und Hunden]: Das Tier, das die Ohren nicht hängen lässt, ist wach und munter: also, halt die Ohren steif!);
die Ohren anlegen (umgangssprachlich; die Kräfte anspannen, um möglichst ohne Schaden eine schwierige, gefährliche Situation zu bestehen);
die Ohren hängen lassen (umgangssprachlich; niedergeschlagen, mutlos sein);
jemandem die Ohren lang ziehen/langziehen (umgangssprachlich; jemanden scharf zurechtweisen);
jemandem die Ohren volljammern (umgangssprachlich; jemandem durch ständiges Klagen lästig fallen, zusetzen);
jemandem die Ohren vollblasen (umgangssprachlich; jemandem durch ständiges Reden lästig fallen, zusetzen);
jemandem ein Ohr/die Ohren abreden/abkauen (umgangssprachlich; so viel auf jemanden einreden, dass dieser schließlich gar nicht mehr richtig hinhört);
tauben Ohren predigen (jemanden ermahnen und dabei merken, dass er nichts einsehen will: Wieder lege ich mein Veto ein. Doch ich predige tauben Ohren [Hörzu 47, 1977, 10]);
seinen Ohren nicht trauen (umgangssprachlich; über etwas, was man hört, völlig überrascht sein);
jemandes Ohren schmeicheln (jemandem angenehm klingen, schmeichelhaft für jemanden sein);
sich aufs Ohr legen/(salopp:) hauen (umgangssprachlich; schlafen gehen);
sich die Ohren brechen (salopp; sich bei einer kniffligen, mühseligen Arbeit sehr anstrengen);
auf den Ohren sitzen (umgangssprachlich; nicht aufpassen, nicht hören, wenn jemand etwas sagt);
auf dem, diesem Ohr nicht/schlecht hören, taub sein (umgangssprachlich; von einer bestimmten Sache nichts wissen wollen);
auf taube Ohren stoßen (umgangssprachlich; kein Gehör finden: Wir sind mit unseren Forderungen nicht auf taube Ohren bei der Leitung des Unternehmens gestoßen [Zenker, Froschfest 219]);
nichts für fremde Ohren sein (geheim, vertraulich sein);
nichts für zarte Ohren sein (umgangssprachlich; zum Erzählen vor empfindsamen [weiblichen] Zuhörern nicht geeignet sein);
jemandem eins/ein paar hinter die Ohren geben (umgangssprachlich; jemanden ohrfeigen);
eins/ein paar hinter die Ohren bekommen (umgangssprachlich; geohrfeigt werden);
sich etwas hinter die Ohren schreiben (umgangssprachlich; sich etwas gut merken; nach einem alten Rechtsbrauch wurden besonders bei Grenzfestlegungen Knaben als Zeugen hierfür an den Ohren gezogen oder geohrfeigt, damit sie sich der Bedeutung des Aktes bewusst wurden und sich noch lange daran erinnern sollten);
noch feucht/nass/nicht trocken hinter den Ohren sein (umgangssprachlich; noch nicht alt genug sein, um etwas von der Sache zu verstehen und mitreden zu können; bezieht sich darauf, dass Kinder unmittelbar nach der Geburt noch feucht [hinter den Ohren] sind);
es [faustdick/knüppeldick] hinter den Ohren haben (umgangssprachlich; schlau, gerissen, auch schalkhaft und schlagfertig sein [bei harmlosem Aussehen]; nach altem Volksglauben soll der Sitz der Verschlagenheit hinter den Ohren liegen; er würde dort durch dicke Wülste kenntlich);
jemandem [mit etwas] in den Ohren liegen (umgangssprachlich; jemandem durch ständiges Bitten zusetzen: Jeden Tag lag mir meine Mutter in den Ohren, sie wolle zurück in die Bronx [Singer [Übers.], Feinde 218]);
etwas im Ohr haben (etwas innerlich hören; sich an etwas Gehörtes erinnern: Ich habe immer noch das Heulen im Ohr [Bieler, Bonifaz 123]; Das Geräusch der Aggregate hab' ich im Ohr [Loest, Pistole 247]; wenn man noch das Melos seiner Lyrik und die hochgespannte Rhetorensprache seiner Prosa im Ohr hat [Spiegel 44, 1992, 256]);
ins Ohr gehen/im Ohr bleiben ([von einer Melodie] leicht zu merken, sehr eingängig, gefällig sein);
mit den Ohren schlackern (umgangssprachlich; vor Überraschung, Schreck sprachlos, ratlos sein);
mit halbem Ohr zuhören/hinhören (ohne rechte Aufmerksamkeit zuhören);
jemanden übers Ohr hauen (umgangssprachlich; jemanden übervorteilen, betrügen; stammt ursprünglich aus der Fechtersprache und bedeutete »jemanden mit der Waffe am Kopf (oberhalb der Ohren) treffen« [nachdem man ihn durch eine Finte dazu gebracht hatte, diese Körperpartie nicht zu decken]);
bis über die Ohren in der Arbeit/in Schulden o. Ä. sitzen, stecken (umgangssprachlich; sehr viel Arbeit haben, hoch verschuldet sein; nach dem Bild eines Ertrinkenden oder im Sumpf Versinkenden);
bis über die/über beide Ohren verliebt sein (umgangssprachlich; sehr verliebt sein);
viel um die Ohren haben (umgangssprachlich; sehr viel Arbeit und Sorgen haben: Man hat eben zu viel um die Ohren, findet auch oft die Ruhe nicht für ein gutes Buch [IWZ 46, 1983, 3]);
jemandem etwas um die Ohren hauen/schlagen (umgangssprachlich; jemandem wegen etwas heftige Vorwürfe machen; jemanden wegen etwas heftig kritisieren: Wie wollten zwei denn mit ihrer Beziehung klarkommen, wenn sie dabei stehen bleiben, sich die Versäumnisse der Vergangenheit um die Ohren zu schlagen [Schwamborn, Schwulenbuch 170]);
um ein geneigtes Ohr bitten (gehoben; um Gehör, um wohlwollendes Anhören bitten);
von einem Ohr zum anderen strahlen (umgangssprachlich; sich freuen [und dabei den Mund sehr breit ziehen]);
jemandem zu Ohren kommen (jemandem [als unerfreuliche Tatsache] bekannt werden, obwohl eigentlich nicht darüber gesprochen werden sollte: Es ist uns im Amt zu Ohren gekommen, dass die Nazis eine Brandstiftung planen, die als Attentat der Kommunisten ausgegeben werden soll [Spiegel 45, 1978, 12]);
zum einen Ohr herein-, zum anderen wieder hinausgehen (umgangssprachlich; [von Ermahnungen, Erklärungen u. Ä.] nicht richtig aufgenommen, sofort wieder vergessen werden: Vor allem sollten wir nicht auf harte Drogen umsteigen. Das ging bei uns zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus [Christiane, Zoo 51]).
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