Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
leiden
lei|den [mittelhochdeutsch līden, althochdeutsch līdan, wohl rückgebildet aus: irlīdan = erfahren, durchmachen; ursprünglich = gehen, fahren, reisen, später an das nicht verwandte ↑ "Leid" angeschlossen]:1. a) einen Zustand von schwerer Krankheit, Schmerzen, seelischem Leiden o. Ä. auszuhalten, zu ertragen, zu erdulden haben:
er hatte schwer, unmenschlich, lange zu leiden;
er musste nicht lange leiden (starb eines schnellen Todes);
sie hat in ihrem Leben viel gelitten (viel Schweres durchgemacht);
sie waren alle gleich tot … es hat keiner gelitten (Zuckmayer, Herr 154);
Ziele, für die immer wieder Menschen leiden (Leiden ertragen, auf sich nehmen) und sterben (Grzimek, Serengeti 43);
es war nicht gut für ihn, dass er mit den Kranken litt, und er konnte sich nicht … in Schnoddrigkeit und Witze retten (Danella, Hotel 94);
Er litt um sie, also liebte er sie (Strittmatter, Wundertäter 295);
b) (an einer bestimmten Krankheit, einem bestimmten Leiden) erkrankt sein:
an Rheuma, an Bronchitis leiden;
sie leidet an einem hartnäckigen Ekzem, unter ständigen Kopfschmerzen;
Edith leidet unter Allergien (Chotjewitz, Friede 78);
c) (von, durch etwas, jemanden) körperlich oder seelisch stark beeinträchtigt werden; (etwas, jemanden) als schwer erträglich empfinden:
er litt an, unter dem Gefühl der Unsicherheit;
sie leidet sehr unter seiner Unzuverlässigkeit, unter ihrer Einsamkeit;
Ist es vor allem das Alter, an dem Thomas Mann leidet? (Reich-Ranicki, Th. Mann 86);
Dass Sebastian … an einem massiven Zuwendungsdefizit litt, das hat Hildegard wohl begriffen (Schreiber, Krise 165);
sie leiden unter Hunger, Krankheit und Kälte (Plievier, Stalingrad 62);
Frauen, die unter ihren banausischen Gatten litten (K. Mann, Wendepunkt 13);
dass er und seine Frau unter dem Unglück ihrer Tochter sehr gelitten hatten (Danella, Hotel 316);
d) (durch etwas) Schaden nehmen:
die Bäume haben durch den Frost gelitten;
die Teppiche hatten unter der Feuchtigkeit gelitten;
seine Gesundheit leidet durch die/unter den Strapazen;
die hochentwickelte Medizin kam zu dem Ergebnis, dass die Gesundheit des Menschen unter Umweltgiften leidet (Gruhl, Planet 119).
2. von etwas (Negativem) betroffen sein:
Mangel, Not, Schaden, Ängste, Pein, Höllenqualen leiden;
sie haben großen Hunger gelitten (sie hungerten);
Stanislaus … litt Durst und Gliederschmerzen (hatte Durst und Gliederschmerzen; Strittmatter, Wundertäter 327);
einige litten Bruch (machten eine Bruchlandung; Gaiser, Jagd 167).
3. a) gernhaben; als sympathisch, angenehm o. Ä. empfinden:
jemanden [gut, nicht] leiden können;
jemanden [gerne] leiden mögen;
das Kleid mag ich nicht leiden;
etwas nicht leiden können (etwas unerträglich o. ä. finden);
er konnte, mochte den Kollegen nie [so recht] leiden;
er kann, mag [es] nicht leiden, wenn man ihn stört;
Achtern … ist ein Spinner, dachte Freddy und mochte ihn trotzdem gern leiden (Rehn, Nichts 79);
b) (selten) dulden, hinnehmen:
er konnte niemanden um sich leiden (er ertrug niemandes Nähe);
er litt (duldete) das Tier nicht in seinem Haus;
er ist hier gelitten (man erträgt ihn, nimmt ihn hin), aber nicht gerade geliebt;
nicht sehr gelitten sein;
er ist überall, bei seinen Vorgesetzten gut gelitten (ist beliebt);
sie waren dort nur gelitten (sie waren nicht sehr beliebt);
Ich fühlte, dass alle drei mich litten (Seghers, Transit 61).
4. a) (von Sachverhalten o. Ä.) zulassen, erlauben (meist verneint):
der Plan leidet keinen Aufschub;
diese Arbeit, der Zustand litt keine Verzögerung der Reise;
ihre Unruhe litt den Rückschritt nicht lange (duldete ihn nicht lange; Th. Mann, Hoheit 45);
b) (veraltend) es an einem bestimmten Ort aushalten:
ich leide es hier nicht länger;
Lilian litt es nicht mehr daheim auf dem Sofa (Strittmatter, Wundertäter 295).
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