Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
lassen
lạs|sen [mittelhochdeutsch lāʒen, althochdeutsch laʒʒan, ursprünglich = matt, schlaff werden]:1. veranlassen, bewirken (dass etwas geschieht):
ein Haus bauen, einen neuen Anzug machen, das Auto waschen, das Essen kommen lassen;
ich habe Wasser in die Wanne laufen lassen/(seltener:) gelassen;
jemanden rufen, grüßen, warten, erschießen lassen;
er lässt das Mädchen nichts Vernünftiges lernen;
du lässt dich verleugnen;
jemandem etwas mitteilen lassen;
sie hatte den Kindern noch einen Saft bringen lassen;
meine Eltern lassen sich scheiden;
sie ließ mir eine Nachricht zukommen;
ich habe mir sagen lassen (habe erfahren), wie es passiert ist;
er ließ mich wissen (setzte mich davon in Kenntnis), dass …;
ich lasse bitten (bringen Sie den Besucher, die Besucherin herein);
Bittuis beschweren sich, dass der Hauswirt nichts machen (keine Reparatur ausführen) lässt (Chotjewitz, Friede 232);
Er hielt seine Mundharmonika in die Luft und ließ sie singen und orgeln (Hausmann, Abel 170);
K wenn ihr mich denn ja behalten wollt, so lasst es mir durch Eintracht sehen (Goethe, Torquato Tasso II, 1);
Das weiß er? – Ja, und möcht' es gern dem König Philipp wissen lassen (Lessing, Nathan I, 5).
2. a) zulassen, erlauben; dulden; nicht an etwas hindern:
die Kinder schreien und toben lassen, auf die Straße, ins Kino gehen lassen;
jemanden verhungern lassen;
ich lasse mich nicht beleidigen;
lass dich nicht erwischen!;
lasst mich doch bitte ausreden, arbeiten, ausschlafen!;
das Licht über Nacht brennen lassen;
er hat ihn heimgehen lassen müssen;
das lasse ich mir nicht gefallen, nicht bieten;
sie lässt sich nichts sagen (duldet keine Bevormundung);
lass dir das bloß nicht in den Sinn kommen!;
lass mich immer dein Freund bleiben;
der Hund ließ alles mit sich geschehen;
die Kinder ins Kino lassen;
sie ließ ihn nicht aus der Tür, ins Zimmer;
Dass sie dich überhaupt nach Frankfurt gelassen haben, der Vati und die Mutti, das wundert mich ungeheuer (Danella, Hotel 34);
Sie braucht jetzt mehr Gelegenheiten, um Erfahrungen zu sammeln. Ich hoffe, man lässt sie (Frischmuth, Herrin 121);
b) jemandem etwas zugestehen; jemanden nicht behindern:
sie ließ ihm seinen Glauben, seine Freude, den Spaß;
sie lässt ihn nicht (salopp verhüllend; sie will mit ihm nicht geschlechtlich verkehren);
hat sie dich gelassen? (salopp verhüllend; hat sie mit dir geschlechtlich verkehrt?);
R das muss man ihm lassen (das muss man bei ihm ohne Vorbehalte anerkennen).
3. veranlassen oder bewirken, dass jemand, etwas irgendwohin gelangt:
frische Luft ins Zimmer lassen;
die Tiere auf die Weide lassen;
Wasser in die Wanne lassen;
Öl aus dem Kessel lassen;
ein Boot zu Wasser lassen;
die Träger ließen den Sarg in die Tiefe;
er hat mir die Luft aus den Reifen gelassen;
spätabends wurde niemand mehr in den Saal gelassen;
Der Milizionär … knotete ein Seil an einen Eimer, ließ ihn von der Brücke und zog ihn halb gefüllt wieder herauf (Bieler, Mädchenkrieg 463);
einen lassen (derb; eine Blähung [hörbar] abgehen lassen: Hast du gerade einen gelassen?);
alles unter sich lassen (veraltend verhüllend; Kot und Urin unkontrolliert abgehen lassen, ins Bett machen: Der Kranke war so schwach, dass er alles unter sich gehen ließ).
4. veranlassen, dass jemand, etwas unverändert bleibt, in einem bestimmten Zustand gehalten wird, an einer bestimmten Stelle bleibt:
die Sachen im Koffer lassen;
das Wasser in der Wanne lassen;
die Kiste unter dem Bett lassen;
etwas in der Schwebe, unangetastet lassen;
jemanden ohne Aufsicht lassen;
etwas unerörtert, ungesagt, ungetan lassen;
nichts unversucht lassen (alles versuchen);
wir wollen es dabei lassen;
Der Einfachheit halber haben wir den Untergrund gleich so gelassen (Bieler, Bonifaz 169);
er möchte alles so lassen, wie es ist (Strauß, Niemand 95).
5. die Möglichkeit zu etwas bieten; in bestimmter Weise geeignet sein:
das Material lässt sich gut verarbeiten, dehnen, biegen;
das Fenster lässt sich [leicht] öffnen;
der Käse lässt sich [gut] streichen;
der Wein lässt sich trinken (ist gut);
dieser Vorfall lässt sich nicht so richtig beschreiben;
das lässt sich nicht beweisen;
das lässt sich machen (ist möglich);
das lässt sich hören (ist akzeptabel);
das lässt sich denken (ist verständlich);
mit Vernunft lässt sich eine Menge ausrichten;
hier lässt es sich leben;
es lässt sich nicht leugnen, dass …;
Das kleine Zimmer … ließ sich nicht heizen (G. Vesper, Laterna 9).
6. a) unterlassen, nicht tun, einstellen:
er kann das Rauchen nicht lassen;
lass das!;
lasst doch die dummen Witze!;
ich konnte es nicht lassen (ich musste es einfach tun), das Mädchen immer wieder anzusehen;
wenn er auch das Stänkern nie ganz lassen konnte (Fallada, Trinker 142);
Wenn du nur das überhebliche Grinsen lassen könntest! (H. Gerlach, Demission 113);
Er will etwas sagen, lässt es aber, als er Georgs Gesicht sieht (Remarque, Obelisk 111);
R tu, was du nicht lassen kannst ([ich möchte mich mit dir nicht streiten] du musst selbst wissen, was du tust);
etwas etwas sein lassen (umgangssprachlich; sich von etwas abwenden [und etwas anderes tun]; etwas nicht mehr beachten: ich lasse jetzt die Arbeit Arbeit sein; Lass die Ratten Ratten sein [Hilsenrath, Nazi 56]; Später ließ er Muse Muse sein und wurde Sekretär eines älteren … Ölmillionärs [Ziegler, Labyrinth 62]);
b) von etwas absehen; etwas nicht weiterhin tun:
[nicht] vom Spielen, Trinken, Alkohol lassen [können];
c) (veraltend) sich von jemandem, etwas trennen; jemanden, etwas aufgeben:
wir können nicht voneinander lassen;
der Bauer hat von seinem Land … lassen müssen (Plievier, Stalingrad 339);
ich ließ von seinem Hals (Bieler, Bonifaz 239).
7. zurücklassen:
ich habe mein Auto zu Hause gelassen;
du lässt deine Sachen am besten an der Garderobe;
wir lassen die Kinder nicht allein in der Wohnung;
lassen Sie mir/für mich (lassen Sie mir noch übrig) bitte noch etwas Kaffee in der Kanne!;
wo habe ich nur meinen Schlüssel gelassen? (hingetan?);
das Gepäck habe ich am Bahnhof gelassen;
Ü ich habe beim Pokern viel Geld gelassen (umgangssprachlich; viel Geld verloren);
Manchmal lässt er (zahlt er, gibt er aus) … hundert Mark in der Gastwirtschaft (Chotjewitz, Friede 81).
8. jemandem etwas über-, hinterlassen, zur Verfügung stellen:
ich kann dir das Buch bis morgen lassen;
der Händler will mir den Mantel billig, zum halben Preis lassen (verkaufen);
ich lasse Ihnen meinen Ausweis als/zum Pfand;
sein Vater hat ihm den Wagen für den Urlaub gelassen;
uns wurde nichts gelassen (wurde alles geraubt);
als ich den Jungen sah, sagte ich, der braucht Geschwister und eine Mutter, lass mir den Jungen (Brot und Salz 24).
9. drückt eine freundliche Aufforderung aus:
lasst uns gehen, feiern!
10. a) zu jemandem in bestimmter Weise passen; jemandem stehen:
Die Frauen beteuerten, diese Tracht lasse ihm vorzüglich gut (Goethe, Lehrjahre IV, 2);
Ü Sie … entwickelte sogar einige Keime von possenhaftem Humor, den ich an ihr nie gekannt hatte und der ihr sehr gut ließ (Goethe, Dichtung u. Wahrheit 8);
b) ↑ "aussehen" (1 a):
Es hat einen Kamin, der zwar im Winter ein wenig raucht – Aber doch im Sommer recht hübsch lässt (Lessing, Minna I, 2);
c) in bestimmter Weise erscheinen, wirken:
dieses Tuch …, welches beinahe wie ein Lauferschurz lässt (Immermann, Münchhausen 119);
Desto schärfer eben werde ich gegen Sie sein, damit ich nicht parteiisch lasse (Lessing, Freigeist II, 1).
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