Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
kratzen
krạt|zen [mittelhochdeutsch kratzen, althochdeutsch chrazzōn, Herkunft ungeklärt]:1. a) mit etwas Spitzem, Scharfem, Rauem, besonders mit Nägeln oder Krallen, ritzen oder schaben:
jemanden im Gesicht kratzen;
die Katze hat ihn gekratzt;
die Katze hat ihn blutig gekratzt, hat ihm den Arm blutig gekratzt (hat ihn so gekratzt, dass er blutete, dass sein Arm blutete);
Ü sich den Bart kratzen (umgangssprachlich scherzhaft; sich rasieren);
wenn ich mit dem Einseifen fertig bin und mit dem Rasiermesser zu kratzen anfange (umgangssprachlich; anfange, mich zu rasieren; Hilsenrath, Nazi 247);
b) die Nägel oder Krallen gebrauchen:
Vorsicht, die Katze kratzt;
das Mädchen wehrte sich, kratzte und biss;
zu kratzen haben (umgangssprachlich; sich einschränken und sich abplagen müssen, um etwas, besonders die Mittel für den Lebensunterhalt, zu beschaffen: sie hatte ihr ganzes Leben lang hart, ganz schön, ziemlich zu kratzen; dass man gerade zu kratzen hat, dass man mit dem Tabak klarkommt [Fichte, Wolli 326]);
c) mit der Spitze, mit der scharfen, rauen Seite [von etwas] auf etwas reiben, scheuern und ein entsprechendes Geräusch von sich geben:
ein altes Gerät, bei dem die Nadel auf der Schallplatte kratzte;
Das Kind saß an einem braun gebeizten Tisch über das Schulheft gebeugt und schrieb mit kratzender Füllfeder (Handke, Frau 8);
d) mit etwas Spitzem, Scharfem, Rauem, besonders mit Nägeln oder Krallen, an oder auf etwas reiben, scheuern [und ein entsprechendes Geräusch verursachen]:
der Hund kratzte an der Tür und wollte herein;
das Huhn kratzt (scharrt) im Sand;
mit dem Messer [im Topf] kratzen;
etwas blank kratzen (so kratzen, dass es blank wird);
er kratzt (scherzhaft; spielt dilettantisch [mit entsprechend falscher, rauer o. ä. Tongebung]) auf seiner Geige;
e) (Spinnerei) mit der Kratze in einzelne Fasern auflösen:
Wolle kratzen.
2. wegen eines Juckreizes [leicht] kratzen (1 a), an einer Körperstelle reiben, scheuern:
kratz mich bitte mal [auf dem Rücken]!;
sich hinter dem Ohr, sich den Kopf kratzen;
sich blutig, wund kratzen (sich an einer Körperstelle kratzen, bis sie blutig, wund ist);
Ü das Lob hat ihn mächtig gekratzt (landschaftlich; hat ihm wohlgetan);
Sie hatte miese Laune. Sie musste sich öfters schubbern und kratzen (Richartz, Büroroman 126);
Sie kratzte sich heftig den Haaransatz, mit der ganzen Hand, bis sie leicht blutete (Handke, Frau 70).
3. a) aufgrund seiner rauen o. ä. Beschaffenheit bei jemandem eine Art Juckreiz verursachen:
der neue Pullover kratzt fürchterlich [auf der Haut];
Ü das kratzt (umgangssprachlich; stört, beunruhigt ) ihn wenig, nicht;
Dass sie eine Wahl antasten … pah, wen kratzt das (Saarbr. Zeitung 17. 12. 79, 16/18);
Das ist es, was mich dabei kratzt. Jemand badet's aus (Gerlach, Demission 245);
Dass er in der Satirezeitschrift »Titanic« Monat für Monat durch den Kakao gezogen wurde, kratzt ihn zumindest nicht öffentlich (Woche 8. 1. 99, 39);
b) aufgrund seiner Beschaffenheit, seiner [schlechteren] Qualität eine Empfindung von Wundsein, Brennen im Rachen hervorrufen:
der Wein kratzt [im Hals];
der Tabak, Rauch kratzt in der Kehle;
ich glaube, ich bin erkältet, es kratzt [mir/mich] im Hals.
4. durch Scharren, Ritzen, Kratzen (1 a) in, auf etwas erzeugen:
der Hund hat ein Loch in den Boden gekratzt;
seinen Namen, ein Zeichen in die Wand kratzen (einritzen);
Köhler blieb stehen, kratzte mit dem Fuß einen Strich in den Straßenstaub (Kühn, Zeit 25).
5. a) schabend, scheuernd entfernen:
das Eis von der Scheibe kratzen;
die Reste aus der Teigschüssel kratzen;
den Ball, die Scheibe von der Torlinie kratzen (Sportjargon; ganz knapp vor Überschreiten der Torlinie abwehren);
b) schabend, sparsam streichend an, auf eine bestimmte Stelle bringen:
die Butter auf die Brötchen, den Toast kratzen;
Bleich wie Tote schabten sie … in Warmhaltegeschirren oder kratzten Schmalz auf Brot (Fels, Sünden 85).
6. (landschaftlich) durch Wegnehmen, Ansichnehmen beschaffen; stehlen:
Schüler streifen bandenweise durch ein Kaufhaus und »kratzen«, wie sie es nennen, sie stehlen, was ihr Herz begehrt (MM 3. 10. 80, 31).
7. (umgangssprachlich) etwas ↑ "antasten" (3):
Börsenkrach kratzte am Image der Yuppies (MM 17./18. 11. 87, 8);
An der fest gefügten Rangordnung wurde am Donnerstag kräftig gekratzt (Schweriner Volkszeitung 29. 4. 78, 5).
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