Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
kommen
kọm|men [mittelhochdeutsch komen, althochdeutsch koman, gemeingermanisch Wort]:1. sich auf ein Ziel hin bewegen [und dorthin gelangen]; anlangen, eintreffen:
pünktlich, zu spät kommen;
wir sind auch erst vor einer Stunde gekommen;
ich komme gleich (mache mich gleich auf den Weg und bin entsprechend schnell da);
dort kommt die Bahn;
der Zug kommt erst in einer halben Stunde;
wann kommt der nächste Bus?;
mit der Bahn, dem Flugzeug, dem Auto kommen;
wir sind diesmal zu Fuß gekommen;
der Monteur kommt wegen der Heizung;
ans Ziel kommen;
ich komme, um zu helfen;
wie komme ich schnell auf die Autobahn?;
nach Hause kommen;
komme ich hier zum Bahnhof?;
durch Frankfurt kommen (auf seinem Weg Frankfurt berühren);
kommt der Zug durch Mannheim? (liegt Mannheim auf der Route des Zuges?);
leider sind wir nicht durch, über Paris gekommen (hat uns unser Weg nicht durch Paris geführt);
aus dem Theater, Kino kommen (das Theater, Kino verlassen und sich auf den Heimweg machen; im Theater, Kino gewesen sein);
die Kinder kommen aus der Schule (sind von der Schule auf dem Heimweg);
sie kam gerade aus der Bank, aus der Post (verließ gerade die Bank, die Post);
die Arbeiter kommen aus der Fabrik (verlassen die Fabrik [und machen sich auf den Heimweg]);
von einer Veranstaltung, von einem Besuch kommen (zurückkehren, heimkommen);
von der Arbeit kommen (die Arbeitsstelle verlassen und sich auf dem Heimweg befinden);
das Auto kommt (fährt heran) von rechts;
der Wind kommt (weht) von [der] See;
von der Tribüne kamen Buhrufe (drangen Buhrufe herüber);
den Gegner kommen (angreifen) lassen;
die Kupplung kommen lassen (einkuppeln);
angefahren, angerannt, angeritten, angeradelt, angebraust kommen;
ein ständiges Kommen und Gehen;
Ü zum Schluss kommen;
auf etwas zu sprechen kommen;
wie sind wir auf dieses Thema gekommen? (was hat uns dazu veranlasst, darüber zu reden?);
K <3. Person Singular kömmt:> sie kömmt sechs Meilen Weges vom Lande (Cl. Brentano, Kasperl 345);
K Der Herr Gerichtsrat Walter kömmt, aus Utrecht (Kleist, Krug 1);
K <2. Partizip kommen:> So wollt' ich, Ihr wär't eher kommen (Goethe, Götz III);
K … als ich bemerkte, dass ich aus dem Weg gekommen (vom Weg abgekommen) war (Chamisso, Schlemihl 70);
R komm ich heut nicht, komm ich morgen (spöttisch; zu jemandem, der allzu langsam in seinen Bewegungen und seiner Arbeit ist).
2. a) zu etwas erscheinen, an etwas teilnehmen:
zu einer Tagung kommen;
wie viele Leute werden kommen?;
ich weiß nicht, ob ich morgen kommen kann;
b) jemanden aufsuchen, besuchen:
die Ärztin kommt zu dem Kranken;
morgen wird ein Vertreter zu uns kommen;
den Arzt kommen lassen;
wir ließen [uns] ein Taxi kommen (bestellten ein Taxi).
3. gebracht werden:
ist eine Nachricht gekommen?;
für dich ist keine Post gekommen;
das Essen kommt gleich auf den Tisch (wird gleich aufgetragen);
Ü die Streitigkeiten kamen vor den Richter;
der Hehler kam vor Gericht;
an die Öffentlichkeit kommen;
Doch dann kam genau zu Weihnachten die gerichtliche Vorladung (H. Gerlach, Demission 224);
zahlreiche gute Weine kamen auf den Tisch (wurden serviert; Th. Mann, Krull 23);
Mittlerweile sind allerdings einige Präparate … auf den Markt gekommen (Dunkell, Körpersprache 160).
4. a) sich als Geschehen, Ereignis jemandem in bestimmter Weise darstellen:
das kommt mir sehr gelegen;
mein Besuch kommt dir wohl überraschend?;
b) (umgangssprachlich) sich in bestimmter Weise gegen jemanden benehmen:
er kam seinem Vater frech;
so/in diesem Ton lasse ich mir nicht kommen!;
Angeblich war er den sowjetischen Soldaten dumm gekommen mit russischen Flüchen (Ossowski, Liebe ist 307);
c) (umgangssprachlich) sich [in belästigender Weise] an jemanden wenden:
komm mir doch nicht immer mit Ausreden!;
Und kommen Sie mir nicht noch mal mit so was (Loest, Pistole 29);
die Theorie, mit der ich ihnen kam, … die gefiel ihnen nicht (Kant, Impressum 434);
d)auf jemanden nichts kommen lassen (nicht dulden, dass Schlechtes über jemanden gesagt wird).
5. hervortreten, [bei jemandem] in Erscheinung treten:
die ersten Blüten kommen;
die Saat ist nicht gekommen (nicht aufgegangen);
bei unserer Kleinen kommt der erste Zahn;
ihm kam der Gedanke (er hatte den Gedanken, Einfall), dass …;
seine Reue kam zu spät;
ihm/bei ihm kommen immer gleich die Tränen;
die Antwort kam spontan, wie aus der Pistole geschossen;
es kam ihr (umgangssprachlich; fiel ihr ein), dass sie noch etwas besorgen wollte;
meine Glückwünsche kommen von Herzen;
von ihm kommt keine Hilfe (wird sie uns nicht zuteil).
6. irgendwo aufgenommen, untergebracht, eingestellt o. Ä. werden:
zur Schule, aufs Gymnasium, ins Gefängnis kommen;
in die Lehre kommen (mit einer bestimmten Lehre beginnen), der Film kommt jetzt in die Kinos (wird im Kino gezeigt);
Ü in den Himmel, in die Hölle kommen;
wenn sie noch einmal so etwas macht, kommt sie in eine Nervenheilanstalt (Ossowski, Flatter 80).
7. a) ordnungsgemäß an einen bestimmten Platz gestellt, gelegt werden:
das Buch kommt ins Regal;
wohin kommen die Müllsäcke?;
diese Löffel kommen (gehören) rechts ins Fach;
b) irgendwo seinen Platz erhalten:
der Aufsatz kommt in die nächste Nummer der Zeitschrift;
die Amerikanerin kommt auf den ersten Platz in der Rangliste.
8. in einen Zustand, eine Verfassung, eine bestimmte Lage geraten:
in Gefahr, Not, Bedrängnis, Verlegenheit kommen;
die Kinder kamen in Versuchung;
er kam in den Verdacht, das Geld gestohlen zu haben;
in Schwung, Stimmung, Wut, Zorn kommen;
ins Sinnieren, ins Schwärmen kommen;
der Verkehr kam ins Stocken, zum Erliegen;
plötzlich kam ich ins Rutschen (begann ich zu rutschen);
er kam unters Auto, unter die Straßenbahn (wurde vom Auto, von der Straßenbahn überfahren);
sie kam neben den Minister zu sitzen;
der Wagen überschlug sich, kam aber wieder auf die Räder zu stehen;
Sie kommt in Eifer, die Großtante (Strittmatter, Der Laden 69 f.)
9. (von Stimmungen, geistigen Zuständen) jemanden erfassen, zu beherrschen beginnen:
ein Gefühl der Verzweiflung, Zufriedenheit kam über ihn.
10. Zeit, Gelegenheit für etwas finden:
endlich komme ich dazu, dir zu schreiben;
zum Waschen des Wagens, zum Reparieren des Radios bin ich noch nicht gekommen;
sie ist die ganze Nacht nicht zum Schlafen gekommen;
nicht aus dem Haus, nur selten ins Theater kommen (nicht, nur selten die Zeit oder Gelegenheit finden, das Haus zu verlassen, das Theater zu besuchen);
nicht aus den Kleidern kommen (keine Zeit finden, die Kleider auszuziehen [und sich auszuruhen]).
11. [langsam herankommend] eintreten, sich ereignen:
die Flut kommt;
sie hielt den Zeitpunkt zum Eingreifen für gekommen;
das Ende wird bald kommen;
der nächste Winter kommt bestimmt;
ein Gewitter kommt;
das kam für mich völlig überraschend;
es kam alles ganz anders;
der Tag, die Nacht kommt (gehoben; es wird Tag, Nacht);
es kommt noch so weit (es wird noch so), dass …;
ich sehe [es] schon kommen, dass …;
dieses Unglück habe ich schon lange kommen sehen;
was auch immer kommen mag, ich bleibe bei dir;
in den Betrieben kam es zu Kurzarbeit, zu Entlassungen;
es kommt zum Streit, zum Krieg, zu einem Vergleich;
das durfte jetzt nicht kommen (umgangssprachlich, meist spöttisch; es war sehr töricht, das jetzt zu sagen);
so weit kommt es noch! (umgangssprachlich ironisch; dazu darf es auf keinen Fall kommen!);
Im Züricher »Kursaal« … kam es zu einem Skandal (K. Mann, Wendepunkt 268);
R wies kommt, so kommts/wies kommt, so wirds genommen (umgangssprachlich; wie es vom Schicksal bestimmt ist, nehmen wir es hin; damit müssen wir fertig werden);
im Kommen sein ([wieder] modern, populär werden: Spitzen und Rüschen sind [wieder] im Kommen).
12. etwas [wieder]erlangen:
zu Geld, Reichtum, großen Ehren kommen;
zur Besinnung, Ruhe kommen;
nach der langen Krankheit kommt sie allmählich wieder zu Kräften;
wenn du dich nicht anstrengst, wirst du nie zu etwas kommen (umgangssprachlich; nie Besitz o. Ä. erwerben);
wieder zu sich kommen (nach einer Ohnmacht o. Ä. das Bewusstsein wiedererlangen);
sie war hübsch, und er kam dabei zu Haus und Hof (Jahnn, Geschichten 222).
13. etwas Grundlegendes, äußerst Wichtiges verlieren:
um seine Ersparnisse, ums Leben kommen;
sie kam ständig um ihren Schlaf;
er ist in seinem Leben um das Beste gekommen (hat es versäumt).
14. a) durch eigene Anstrengung etwas verborgen Gebliebenes erfahren:
jemandem auf die Spur kommen;
hinter jemandes Schliche, hinter das Geheimnis kommen;
wie kommst du darauf? (woher hast du diesen Gedanken, diese Vermutung?);
Er glaubte ja hinter den Trick gekommen zu sein (Johnson, Ansichten 145);
b) durch eigene Anstrengung sich in den Besitz von etwas bringen, etwas für sich erreichen:
wie bist du an das Foto, an das Engagement gekommen?;
Die Leute verkauften ihr letztes Hemd, um an Tabak zu kommen (Eppendorfer, Kuß 31).
15. a) an der Reihe sein, folgen:
wenn Sie diese Straße entlanggehen, kommt erst eine Schule, dann das Rathaus;
erst komme ich [an die Reihe] (bin ich dran);
b) in einem bestimmten Zahlenverhältnis entfallen:
auf hundert Berufstätige kommen zurzeit sieben Arbeitslose;
bald wird auf jeden zweiten Einwohner ein Auto kommen.
16. a) von etwas herstammen; seinen Ursprung, Grund in etwas haben:
woher kommt das viele Geld?;
sein Husten kommt vom vielen Rauchen;
»Kunst« kommt von »können«;
wie kommt es, dass du noch nichts unternommen hast? (warum hast du …?);
aus einfachen Verhältnissen kommen;
R das kommt davon! (das ist die Folge [deiner Handlungsweise]);
b) von einer Generation zur anderen weitergegeben, vererbt werden:
das Schmuckstück ist von der Großmutter auf sie gekommen;
diese Wertvorstellungen sind aus dem 19. Jahrhundert auf uns gekommen.
17. (salopp) einen Orgasmus haben:
Als Bennett gekommen war und noch keuchend auf mir lag (Jong [Übers.], Angst 185);
Ich komm nur mit meinem Mann (Extra 9, 1976, 47);
Als es ihm kommt, schneidet er entsetzliche Grimassen (Chotjewitz, Friede 29).
18. (umgangssprachlich) einen bestimmten Preis haben, kosten:
die Reparatur kommt [mich] auf etwa 50 Euro;
deine Ansprüche kommen aber teuer!;
ein Bier kam da auch schon auf vier Mark (Eppendorfer, St. Pauli 100).
19. (von Säuglingen) zur Einnahme einer Mahlzeit aufwachen:
die Kleine kommt dreimal pro Nacht.
20. verblasst in festen Verbindungen mit Verbalabstrakta zur Umschreibung des entsprechenden Verbs (besonders des Passivs):
zur Anwendung, Aufführung kommen (angewendet, aufgeführt werden);
zum Einsatz kommen (eingesetzt werden);
zu Fall kommen (fallen).
21. (umgangssprachlich) drückt eine Aufforderung aus:
komm, werd nicht frech!;
komm, wir gehen!
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