Glied
Glied, das; -[e]s, -er [mittelhochdeutsch gelit, althochdeutsch gilid; ge-Bildung zu gleichbedeutend mittelhochdeutsch lit, althochdeutsch lid, eigentlich = Bewegliches, Biegsames (am Körper)]:1. a) (bei Mensch und Tier) beweglicher, durch ein Gelenk mit dem Rumpf verbundener Körperteil:
kräftige, schmale, bewegliche Glieder;
ein künstliches Glied (Prothese);
die Glieder sind ihm steif vor Kälte;
mir tun alle Glieder weh;
sei froh, dass du noch gesunde Glieder hast;
alle Glieder von sich strecken;
[vor Kälte, Schrecken] kein Glied rühren können (sich nicht bewegen können, wie gelähmt sein);
an allen Gliedern zittern (vor Angst oder Aufregung heftig, am ganzen Körper zittern);
die Angst, das Schwächegefühl, der Schrecken, die Krankheit steckte/saß ihm [noch] in den Gliedern (hatte seinen ganzen Körper erfasst);
der Schreck fuhr ihm in die Glieder/durch alle Glieder (erfasste ihn ganz, traf ihn schlagartig);
Da sah ich Pablo sich dehnen, sah ihn die Augen öffnen und die Glieder recken (Hesse, Steppenwolf 253);
Die Männer, die ihr Blut und ihre heilen Glieder geopfert haben (Plievier, Stalingrad 242);
Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her …, ich mit gesenktem Kopf und schleppenden Gliedern (Fallada, Trinker 95);
b) (Anatomie) Gliedteil zwischen zwei Gelenken:
ein Finger besteht aus drei Gliedern;
ich habe mir ein Glied am Mittelfuß verstaucht.
2. [mittelhochdeutsch lit, ahd lid, Übersetzung von lateinisch membrum (virile)] äußeres männliches Geschlechtsorgan; Penis:
das männliche Glied;
Durch nichts als … Vorstellung … gelangt das Glied … zur prächtigsten Erektion (Zwerenz, Kopf 16).
3. eines der ineinandergreifenden Teilstücke, die zusammen eine Kette bilden:
eiserne Glieder;
jede Kette ist so stark wie das schwächste ihrer Glieder;
ein Armband aus goldenen Gliedern;
Ü es fehlt noch ein Glied in der Kette der Beweise;
die Erzieher … machen »das schwächste Glied« der sozialen Kette aus (Spiegel 4, 1973, 79).
4. Teil eines Ganzen:
die Glieder eines Satzes, einer Gleichung;
Die Mutter … wünschte, dass er ein nützliches Glied (ein nützliches Mitglied) der Gesellschaft würde (Erich Kästner, Fabian 182);
so ist die Baumschicht im soziologischen Aufbau des Waldes die herrschende Schicht, die übrigen sind dienende Glieder (Mantel, Wald 16).
5. a) Reihe einer angetretenen Mannschaft:
das erste Glied tritt einen Schritt vor;
aus dem Glied treten;
ins Glied zurücktreten;
im Glied stehen;
der Mann im dritten Glied;
in Reihen zu drei Gliedern antreten!;
Ü Es gibt Pausen auch für die tüchtigsten Völker, man muss nicht immer im ersten Glied stehen (Augstein, Spiegelungen 40);
Fräulein von Pahlen hatte nicht ins zweite Glied zurücktreten wollen, was andere Frauen in der gleichen Situation … getan hatten (Brückner, Quints 277);
Die Täter waren unerfahrene »Anarchisten aus dem fünften Glied« (Spiegel 18, 1975, 23);
b) (gehoben veraltet) Geschlechterfolge, Generation:
er konnte seine Vorfahren bis ins zehnte Glied zurückverfolgen;
der die Missetat der Väter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied (2. Mos. 20, 5).