Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
gemein
ge|mein [mittelhochdeutsch gemein(e), althochdeutsch gimeini, ursprünglich = mehreren abwechselnd zukommend; den abwertenden Nebensinn erhielt das Wort aus der Vorstellung, dass das, was vielen gemeinsam ist, nicht wertvoll sein kann; 2. Bestandteil zu dem unter ↑ "Meineid" genannten Adjektiv]:1. a) abstoßend roh:
gemeine Gesichtszüge;
gemeines Lachen;
Sie hatte schon immer gefunden, dass er ziemlich gemein aussah (Brand [Übers.], Gangster 18);
b) (in Bezug auf jemandes Verhalten o. Ä.) in empörender Weise moralisch schlecht; niederträchtig:
eine gemeine Gesinnung;
sie war so gemein, mich gleich anzuzeigen;
Er hatte eine besondere Leidenschaft dafür, aus der gemeinsten Handlung doch noch einen Rest von Anstand herauszulesen (Erné, Fahrgäste 17);
Dieser Rohling, pfui! Ein gemeiner Mörder (Andres, Liebesschaukel 46);
dass er mich nervt mit seiner Liebe. Und das ist wieder gemein von mir (Danella, Hotel 258);
Gewiss ist Unrat ein bösartiger und sogar sadistischer Lehrer, der die ihm ausgelieferten Schüler aufs gemeinste schikaniert (Reich-Ranicki, Th. Mann 130);
c) in empörender Weise frech, unverschämt:
eine gemeine Lüge, Behauptung;
d) unfein und unanständig; ordinär; unflätig:
gemeine Witze, Wörter.
2. (umgangssprachlich)
a) unerfreulich, ärgerlich, als eine Unfreundlichkeit des Schicksals erscheinend:
ich gewinne nie im Lotto, das ist einfach gemein;
dass mir die Bahn vor der Nase weggefahren ist, war ganz schön gemein;
das finde ich aber gemein!;
b) sehr:
draußen ist es gemein kalt;
Aber vorher wurde … Jod reingetan … Das hat gemein wehgetan (Keun, Mädchen 69).
3. (Botanik, Zoologie, sonst veraltend) keine besonderen Merkmale habend, durch nichts herausragend:
der gemeine Mann (der Durchschnittsbürger);
er ist gemeiner Soldat (Soldat ohne militärischen Dienstgrad);
die Gemeine Stubenfliege.
4. (veraltend) auf die Allgemeinheit bezogen:
gemeines Recht;
gemeine Figuren (Heraldik; Bilder im Wappenschild, z. B. Tiere, Pflanzen);
Ihr erklärtes Ziel ist es, … ein Maximum an gemeinem Wohl zu verwirklichen (Fraenkel, Staat 78);
etwas mit jemandem, etwas gemein haben (mit jemandem, etwas etwas Gemeinsames, eine gemeinsame Eigenschaft haben, in bestimmter Weise zusammengehören: mit dem Vorgängermodell hatte die neue Küche nur noch die ursprüngliche Form gemein; Den südlichen Elfenbeinton hatte Zouzou … mit ihrer Mutter gemein [Th. Mann, Krull 333]; das hat wenig mit dem Traum gemein, den ich diese Nacht träumte [Sieburg, Robespierre 240]; Was haben die Olympischen Spiele der Neuzeit gemein mit denen der Antike [Vaterland 26. 7. 84, 31]);
jemandem, einer Sache gemein sein (gehoben; mehreren Personen oder Sachen gemeinsam sein oder gehören: allen, die hier zusammengekommen waren, war die Liebe zur Musik gemein);
K etwas Gemeines mit jemandem haben (etwas mit jemandem gemein haben: So ist mein Tod der Welt das sicherste Zeichen, dass ich nichts Gemeines mit den Hunden gehabt habe [Goethe, Götz V]).
5. a) allgemein verbreitet, bei vielen Menschen bekannt:
In alten Zeiten sei sie (= die Kunst der Dichtung) weit gemeiner gewesen (Novalis, Heinrich 25);
b) die ↑ "Gemeinde" (1 a), das Gemeinwesen betreffend, dazu gehörend; ↑ "öffentlich" (3):
Denn wo er (= der Regent) wankt, wankt das gemeine Wesen (das Gemeinwesen; Goethe, Die natürliche Tochter I, 5);
der Esel aber mit seinem Schatten, als dem Objekt des Rechtshandels, wurde bis zum Austrag der Sache in den Marstall gemeiner Stadt (der Stadtgemeinde) Abdera abgeführt (Wieland, Abderiten IV, 3).
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