Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
fassen
fạs|sen [mittelhochdeutsch vaʒʒen, althochdeutsch faʒʒōn, eigentlich = in ein Gefäß tun, zu ↑ "Fass"]:1. ergreifen und festhalten:
einen Hammer fassen;
das Messer am Griff, das Seil mit beiden Händen fassen;
jemanden am Arm, bei der Hand fassen;
der Habicht fasst seine Beute [mit den Fängen];
er bekam den Ast zu fassen (erreichte ihn);
Ü die Strömung fasste das Boot (nahm, riss es mit);
der Wind fasste ins Segel;
jemanden bei seiner Ehre fassen (an sein Ehrgefühl appellieren);
(häufig verblasst:) Vertrauen, Zutrauen zu jemandem fassen (gewinnen);
er konnte keinen [klaren] Gedanken fassen (zustande bringen);
er fasste neuen Mut (bekam wieder Mut, wurde wieder zuversichtlich);
einen Entschluss fassen (sich zu etwas entschließen);
Musst bloß darauf achten, dass du das richtige Bein zu fassen kriegst (Hausmann, Abel 158);
Sie stopfte das Ende geschickt in den Mund und fasste es mit den Zähnen (Langgässer, Siegel 347);
fass! (Befehl an den Hund);
Ich bekomme dich ja seit Panama nicht zu fassen (kann dich nicht erreichen, treffe dich nicht an; Konsalik, Promenadendeck 275);
Der Entschluss, den Beruf zu wechseln, war zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs gefasst (Schreiber, Krise 215).
2. mit der Hand an eine bestimmte Stelle greifen, anfassend berühren:
an den heißen Ofen, in den Schnee fassen;
nach einem Glas fassen;
er fasste ins Leere;
das Kind fasste ihm/(seltener auch:) ihn ins Gesicht, unter das Kinn;
Der Alte … fasst mit beiden braunen Händen nach der Haltestange (Degener, Heimsuchung 113);
Wenn einer … der Kollegin mal an den Busen fasst (Spiegel 22, 1990, 62).
3. aufgreifen, in seine Gewalt bekommen und festnehmen; gefangen nehmen:
er konnte schließlich bei einer Razzia gefasst werden;
… die feste Überzeugung der Kriminalpolizei, sie habe den Täter gefasst (Noack, Prozesse 41).
4. an der vorgesehenen Stelle eindringen, eingreifen, dort einrasten oder festsitzen:
die Schraube fasst [gut], will nicht fassen;
das Zahnrad fasst nicht mehr richtig (greift nicht mehr richtig in das Getriebe ein, ist ausgeleiert).
5. (gehoben) erfassen:
ein Schauder fasste ihn;
Entsetzen hatte sie gefasst;
Da fiel ein Schlaf über ihn … und fassten ihn Schrecken und Finsternis (Th. Mann, Joseph 118).
6. a) als Ladung, Einfüllung o. Ä. aufnehmen, entgegennehmen:
sie liefen den Hafen an, um Kohlen zu fassen;
b) (Soldatensprache) als Zuteilung in Empfang nehmen, entgegennehmen:
Essen, Proviant, Munition fassen;
Dann fassten wir eines Tages unsere Militäruniform, da merkten wir, dass es ins Ausland geht (Spiegel 37, 1985, 161).
7. aufnehmen können; ein bestimmtes Fassungsvermögen haben, Raum für eine bestimmte Menge, Anzahl bieten:
der Tank fasst 50 Liter;
der Saal fasst 1 000 Zuschauer, fasste die Gäste kaum;
Mein Seesack fasst zwei Unterhosen, drei Unterhemden, vier Paar Socken, ein Paar amerikanische Armeeschuhe (Grass, Hundejahre 436).
8. mit einer Einfassung, Umrahmung versehen; in eine Fassung bringen; einfassen:
einen Edelstein [in reines Gold] fassen;
eine Quelle fassen (die Stelle, an der die Quelle austritt, ausmauern);
ein schön gefasster Brillant;
das Wasser der Quelle Kohlenboden … ist in zwei Stollen … gefasst und beliefert die Stadt Zürich (Vaterland 27. 3. 85, 17);
Ü ein von religiösem und sozialethischem Pathos bestimmtes Gedicht, gefasst in den strengen Rahmen einer klassischen Form (Melos 3, 1984, 71).
9. einer Sache Ausdruck verleihen, sie in bestimmter Weise ausdrücken, formulieren, gestalten:
seine Gedanken in Worte fassen;
etwas poetisch, in Verse fassen;
die Verfügung sollte verständlicher gefasst werden;
Der Genfer Film hat es verstanden, ein neues Lebensgefühl … in Bildern zu fassen (Brückenbauer 11. 9. 85, 15);
Ohne weiteres wäre es möglich gewesen, die Anklage etwas weniger weit zu fassen (NJW 19, 1984, 1 085).
10. a) (gehoben) in seinen Zusammenhängen erkennen, verstehen; geistig erfassen:
den Sinn der Worte nicht fassen können;
es fiel ihm schwer, das Problem [ganz] zu fassen;
denn es kostet eine ungeheure Anstrengung, die Wirklichkeit zu fassen (Geissler, Wunschhütlein 19);
b) in all seinen Auswirkungen begreifen:
er konnte nicht fassen, dass alles vorbei sein sollte;
das ist [doch] nicht zu fassen!
11. sein inneres Gleichgewicht, seine Haltung wiederfinden; sich wieder beruhigen:
sie erschrak, fasste sich aber schnell;
Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Friseur sich fasste, dann aber packte ihn die Wut (Hilsenrath, Nacht 392);
und der Erste, der sich ein Wort fasste (landschaftlich; der seine Haltung wieder fand und sich äußerte), war Kukielka (Lenz, Suleyken 63).
12. (Kunstwissenschaft) mit einer ↑ "Fassung" (3) versehen:
eine mit Ölfarbe gefasste Holzplastik.
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