Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
fallen
fạl|len [mittelhochdeutsch vallen, althochdeutsch fallan; altgermanisches Verb]:1. a) (von einem Körper) durch seine Schwere aus einer bestimmten Höhe abwärts-, in Richtung Boden bewegt werden:
senkrecht fallen;
die Kirschen, Blätter fallen von den Bäumen;
der Vorhang fällt (senkt sich herab);
der Baum fiel krachend zu Boden;
die Tropfen fielen dicht;
es ist Schnee gefallen;
das Buch ist mir aus der Hand gefallen;
er ist aus dem Bett gefallen;
das Bild ist hinter den Schrank gefallen;
etwas ist in den Brunnen, vom Tisch gefallen;
Ü er hat sogar seinen besten Freund fallen lassen, (seltener:) fallen gelassen (sich von ihm losgesagt, ihn nicht weiter unterstützt);
b) bewirken, verursachen, dass etwas nach unten fällt (1 a):
lass das Kind nicht fallen!;
vor Schreck das ganze Geschirr fallen lassen;
beim Stricken die Maschen fallen lassen;
er hat sogar seinen besten Freund fallen lassen (seltener:) fallen gelassen (sich von ihm losgesagt, ihn nicht weiter unterstützt);
c) (umgangssprachlich) sich irgendwohin in eine liegende, sitzende Stellung begeben:
erschöpft ließ ich mich aufs Bett, ins Gras fallen;
Als er sich am Abend im D-Zug nach Chemnitz auf seinen Sitz fallen ließ (Loest, Pistole 51);
d) [beim Gehen, Laufen] den festen Halt, das Gleichgewicht verlieren und mit dem Körper auf den Boden geraten; hinfallen; hinstürzen:
pass auf, fall nicht!;
die alte Frau ist gefallen;
er ist sehr unglücklich, nach hinten, aufs Knie, gegen die Tischkante, über einen Stein, in den Schmutz gefallen;
ich bin auf die Nase gefallen (umgangssprachlich; bin hingefallen);
er hat im Fallen das Tischtuch mitgerissen;
ein gefallenes Mädchen (nach früherer bürgerlicher Moralauffassung junge Frau, die Geschlechtsverkehr gehabt hat, ohne verheiratet zu sein);
Charli fällt wie ein Käfer auf den Rücken (Ossowski, Flatter 13).
2. a) in bestimmter Weise nach unten hängen:
die Gardinen fallen locker;
die Haare fielen ihm strähnig ins Gesicht;
b) schräg nach unten verlaufen, abfallen:
die Felsen fallen schroff ins Tal;
Die Schultern fallen schräg unter der grauen Anzugsweste (Richartz, Büroroman 15).
3. a) seine Höhe vermindern; niedriger werden; sinken:
das Hochwasser, der Wasserspiegel ist [um 1 m] gefallen;
das Barometer fällt (es gibt schlechtes Wetter);
die Temperatur, das Thermometer ist gefallen (es ist kälter geworden);
b) (im Wert) geringer werden; sinken:
die Preise, Aktien fallen;
die Waren sind im Preis gefallen;
Ü sein Ansehen fällt immer mehr;
unsere Aussichten, Chancen sind gefallen.
4. a) im Kampf sterben, als Soldat o. Ä. ums Leben kommen:
ihr Bruder ist [im Krieg] gefallen;
Max Schwarz, gefallen 1944;
gefallene Soldaten, Kameraden;
Der Vater fällt kurz darauf als Soldat (Spiegel 31, 1977, 85);
b) (Jägersprache) durch Krankheit, Hunger, Kälte o. Ä. eingehen, verenden:
in diesem Winter ist viel Wild gefallen;
ein gefallenes Reh.
5. erstürmt, erobert, überwältigt werden:
auch die [belagerte] Hauptstadt ist jetzt gefallen;
Ü der Tag, als die Berliner Mauer fiel (geöffnet wurde, als Grenze keinen Bestand mehr hatte).
6. seine Geltung verlieren:
diese Steuer, das Verbot ist gefallen;
der Zustand ändert sich erst, wenn diese Grenzen, Hindernisse fallen;
dieses Tabu ist jetzt [endlich] gefallen;
wir haben unsere Absicht, eine Reise zu machen, fallen lassen, (seltener:) fallen gelassen (aufgegeben);
Der Friede kann nur gewonnen … werden, wenn die Unterschiede in den Entwicklungschancen fallen (Bahro, Alternative 16);
der Verdacht, die Geflüchteten seien mit der Südbahn gefahren, müsse fallen gelassen werden (Bieler, Mädchenkrieg 167).
7. a) sich plötzlich, mit einer bestimmten Heftigkeit irgendwohin, an eine bestimmte Stelle bewegen:
er fiel [vor ihr] auf die Knie (warf sich [vor ihr] nieder);
sie fiel der Freundin um den Hals (umarmte sie);
er fiel dem Pferd in die Zügel (ergriff sie und hielt das Pferd auf);
die Tür fiel ins Schloss;
feindliche Truppen waren ins Land gefallen (eingedrungen);
sie wollten dem Feind in die Flanke, in den Rücken fallen (ihn dort angreifen);
Karlchen hörte die Tür ins Schloss fallen (H. Weber, Einzug 426);
b) an eine bestimmte Stelle dringen, geworfen werden:
das Licht fällt ins Zimmer;
ein Schatten fällt auf die Wand;
sein Blick fiel [zufällig] auf den Ring;
Ü die Wahl ist auf sie gefallen (sie wurde gewählt);
der Verdacht fiel auf ihn (er wurde verdächtigt);
die Kirche mit der zerschossenen Kuppel, durch die der matte Schein des Halbmonds fiel (Weber, Tote 21).
8. a) zu einer bestimmten Zeit, zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfinden, sein:
der Heilige Abend fällt dieses Jahr auf einen Sonntag;
in diese Zeit fallen die Hauptwerke der Dichterin (sie entstanden in dieser Zeit);
Schlemmereien dieser Art fielen meistens auf das Wochenende (Fels, Sünden 65);
b) zu einem bestimmten Bereich gehören; von etwas erfasst, betroffen werden:
in, unter dieselbe Kategorie fallen;
das fällt nicht in die Kompetenz der Länder, unter dieses Gesetz;
die ärztliche Berufsausübung hingegen fällt nicht in seine Zuständigkeit (DÄ 47, 1985, 1);
c) in jemandes Besitz kommen, jemandem zufallen:
die Erbschaft fiel an seine Schwester;
das Gebiet ist an Italien gefallen.
9. a) [unvermittelt] ausgeführt, durchgeführt, getroffen o. Ä. werden:
die Entscheidung, der Urteilsspruch ist gefallen;
bei der Demonstration fielen Schüsse (wurden Schüsse abgefeuert);
während der ersten Halbzeit fiel kein Tor (wurde kein Tor geschossen, erzielt);
b) ausgesprochen, geäußert werden:
in der Sitzung fielen böse Bemerkungen;
dein Name ist auch gefallen;
sie hat da so eine Bemerkung, Andeutung fallen lassen (seltener:) fallen gelassen;
Kein Wort fiel gegen Studenten und Radaumacher, man war sich einig (Ossowski, Liebe ist 342).
10. [unvermittelt] in einen bestimmten Zustand geraten:
in Schwermut, in Angst und Schrecken fallen;
in seinen alten Dialekt fallen;
das Gebäude ist in Trümmer gefallen (ist zerstört worden);
eben noch sind sie galoppiert, nun sollen sie plötzlich in langsamen Schritt fallen (übergehen; Erné, Fahrgäste 333).
11. (umgangssprachlich) 1"durchfallen" (2 b):
durchs Examen fallen.
12. (Geologie) (von schräg verlaufenden Gesteinsschichten) sich neigen.
13. finden, entdecken, ↑ "stoßen" (3 b):
Das ist das beste Mittel, und wir sind nicht drauf gefallen (Lessing, Die alte Jungfer II, 3).
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: fallen