Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Wille
   ist die Fähigkeit des Menschen als Person, ein als Wert erkanntes Ziel aktiv anzustreben u., falls dieses Ziel mit anderen möglichen Zielen kollidiert, diese in Freiheit abzulehnen oder zurückzustellen. Das Streben der Instinkte ist nicht W.; die Vorprägung des Willens durch [c darkviolet]Determination hebt diese Entscheidungsmöglichkeit nicht in jedem Fall auf.Wird der W. als Fähigkeit verwirklicht, so daß derMensch ”etwas will“, dann erfährt er zuerst seine Erkenntnis u. zugleich damit den Willen als Moment (als den ”Verwirklichungsdrang“) an dieser Erkenntnis. Aber da der Gegenstand der Erkenntnis ursprünglich als Wert erfahren ist, erfährt der Mensch die Erkenntnis zugleich auch als Moment (als ”Erhelltheit“) des Willens. So können Erkenntnis u.Wille in ihrem gegenseitigen Bedingtsein erfahren, aber nicht bloß als zwei Momente eines einzigen Grundvollzugs der menschlichen Person betrachtet werden. Der menschliche Geist verfügt über zwei Selbstvollzüge (so wie analog Gottes Trinität die Möglichkeiten zu zwei ”Grundhervorgängen“ enthält), die nicht auf einander zurückführbar sind. Der geistigeWille desMenschen besitzt auf seineWeise dieselbe Transzendenz wie der Geist u. dessen Erkenntnis. Ohne innere Endlichkeit seines Horizonts ist er als Liebe auf das Gute schlechthin gerichtet u. ist darum Freiheit, verstanden als das liebende, nicht notwendige Streben nach einem endlichen Guten als eines nicht notwendigen Guten in der Transzendenz auf das absolute Gute hin. – In der scholastischen Theologie traten sowohl eine Vorordnung der Erkenntnis vor den Willen (”Intellektualismus“ bei Thomas von Aquin †1274 u. a.) als auch eine Vorordnung des Willens vor der Erkenntnis (Voluntarismus “ bei Johannes Duns Scotus †1308) auf. M. Luther lehrte, von Augustinus († 430) abhängig, eine Alleinwirksamkeit der Gnade (Sola gratia ) u. sagte im Zusammenhang damit, daß der menschliche W. verdorben u. unfrei sei, so daß ein Mensch von sich aus das Gute nicht tun könne. Die kath. Lehre hält zwar an der Willensfreiheit fest, aber in der Gestalt, daß auch in kath. Sicht ein Mensch ”von sich aus“ das Gute nicht tun kann, sondern nur kraft der durch die Gnade Gottes befreiten Willensfreiheit.
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