Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Votum
   (lat. = Verlangen) ist ein (in der Theologie der Hochscholastik entwickelter) Hilfsbegriff, der erklären soll, was am Menschen – nicht am wirksamen Heilswillen Gottes! – es möglich macht, daß ein Mensch als Gerechtfertigter in der Gnade Gottes leben u. das ewige Heil erlangen kann, ohne daß er institutionell zur Kirche gehört, also ohne Taufe bleibt, oder ohne ein Sakrament zu empfangen, das ”an sich“ für ihn heilsnotwendig wäre. In diesem Zusammenhang besagt der Begriff V. eine Art Verlangen nach der Kirche, nach der Taufe oder nach einem anderen Sakrament (z. B. dem Bußsakrament), eine Art ernsthaften Willens, der von Gottes Gnade erweckt u. getragen ist. Dieser Wille, sagt die Lehre vom V. interpretierend, muß nicht bewußtseinsmäßig ”ausdrücklich“ sein; er setzt nicht notwendig voraus, daß ein Mensch positiv von der Kirche u. ihren Sakramenten weiß u. überzeugt ist. Vielmehr genügt es, wenn der Wille implizit ist, nämlich in einer allgemeinen Bereitwilligkeit des Menschen besteht, gemäß seinem Gewissen, also entsprechend dem Willen Gottes, zu leben. Der kath. Theologie ist es wichtig, daß durch eine solche Erklärung nicht zwei völlig voneinander unabhängige Wege zu Rechtfertigung u. Heil behauptet werden. Die im V. als vorsakramentaler u. vorekklesiologischer Heilsmöglichkeit wirkende Gnade ist dieselbe wie diejenige in der Kirche u. den Sakramenten: sie ist die Gnade Jesu Christi, die inkarnatorische Struktur hat u. beibehält, also in der Kirchenzugehörigkeit u. im Leben der Sakramente konkret ”leibhaftig“ werden will, aber eben auch schon imvoraus dazu wirksam werden kann. Der eine u. einzige Heilsweg, der durch Gottes Offenbarung ausdrücklich bekannt ist, wird in dieser Theorie des V. also in zwei Phasen betrachtet. Bleibt ein Mensch ohne eigene Schuld ”nur“ in der ersten Phase, so bedeutet das für ihn Heil vor Gott. Würde ihm die Erkenntnis zuteil, daß er die erste Phase in die zweite, in die bewußte u. konkrete Kirchlichkeit, überführen müßte u. würde er schuldhaft dieser Einsicht nicht folgen, so würde er für sich auch die erste Phase des Heilsweges zerstören. – Kirchengliedschaft, [c darkviolet]Heilsnotwendigkeit, Sakrament .
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