Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Vollkommenheit
in der antiken griech. Philosophie Ausdruck für eine Art von Vollendet-Sein, bezeichnet also einen nicht mehr steigerungsfähigen Zustand bzw. eine demgemäß höchste Qualität. Die entsprechenden Begriffe des ATmeinen ”ungeteilt“, ”ganz u. gar“, auch ”gerecht“. Sie werden im AT für die V. Gottes nicht verwendet. Bei der Formulierung ”Ihr sollt vollkommen sein, wie (weil) euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5, 48) steht möglicherweise ein griechisches Ideal im Hintergrund, da die ursprüngliche Formulierung lautete: ”Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6, 36). Hier ist nicht ein statischer Qualitätszustand gemeint, sondern ein immer neu anzustrebendes Ziel, das je nach den individuell verschiedenen Möglichkeiten in der Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe mit Hilfe der Gnade Gottes verwirklicht wird (”für den pilgernden Menschen immer eine nur asymptotisch erreichbare Aufgabe“: Rahner-Vorgrimler 1961, 380). Die kirchliche Redeweise vomWeg der (ihrerseits wieder sehr eng verstandenen) Evangelischen Räte als ”Stand der V.“ ist Fehldeutungen u. einer verkehrten Praxis ausgesetzt. Faktisch führten dieses Vollkommenheitsdenken u. -streben sehr häufig zu Selbstzerstörung, menschenverachtendem Fanatismus, Überheblichkeit, Mißbrauch der Mitmenschen als Übungsmaterial für Tugenden in der Hoffnung auf eine Heiligsprechung. Eine Folge davon ist die fundamentale Krise des kath. Ordenswesens.
in der antiken griech. Philosophie Ausdruck für eine Art von Vollendet-Sein, bezeichnet also einen nicht mehr steigerungsfähigen Zustand bzw. eine demgemäß höchste Qualität. Die entsprechenden Begriffe des ATmeinen ”ungeteilt“, ”ganz u. gar“, auch ”gerecht“. Sie werden im AT für die V. Gottes nicht verwendet. Bei der Formulierung ”Ihr sollt vollkommen sein, wie (weil) euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5, 48) steht möglicherweise ein griechisches Ideal im Hintergrund, da die ursprüngliche Formulierung lautete: ”Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6, 36). Hier ist nicht ein statischer Qualitätszustand gemeint, sondern ein immer neu anzustrebendes Ziel, das je nach den individuell verschiedenen Möglichkeiten in der Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe mit Hilfe der Gnade Gottes verwirklicht wird (”für den pilgernden Menschen immer eine nur asymptotisch erreichbare Aufgabe“: Rahner-Vorgrimler 1961, 380). Die kirchliche Redeweise vomWeg der (ihrerseits wieder sehr eng verstandenen) Evangelischen Räte als ”Stand der V.“ ist Fehldeutungen u. einer verkehrten Praxis ausgesetzt. Faktisch führten dieses Vollkommenheitsdenken u. -streben sehr häufig zu Selbstzerstörung, menschenverachtendem Fanatismus, Überheblichkeit, Mißbrauch der Mitmenschen als Übungsmaterial für Tugenden in der Hoffnung auf eine Heiligsprechung. Eine Folge davon ist die fundamentale Krise des kath. Ordenswesens.