Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Verantwortung
   Der Begriff V. setzt eine Autorität (Instanz) voraus, vor der Menschen für ihre Gesinnung u. vor allem für ihr Tun Rechenschaft ablegen müssen. Er kommt als Begriff in der Bibel nicht vor. Die V. vor Gott ist mit denWeisungen u. den Ankündigungen des Gerichts eindeutig betont. Gesellschaftlich steht er im Zusammenhang mit Ordnung u. Gerichtswesen (Klärung der Verantwortlichkeit). In der neueren Ethik ist die Unterscheidung von Gesinnungsethik u. Verantwortungsethik bei M. Weber († 1920) bis zur Gegenwart von Bedeutung. Die Beurteilung eines ethischen Verhaltens kann von der inneren Absicht (subjektiven Überzeugung) des Handelnden her erfolgen; diese Gesinnungsethik als Orientierung an erstrebenswerten Werten (Wertethik) u. moralischem Pflichtbewußtsein wird der Moralphilosophie im Gefolge I. Kants († 1804) zugeschrieben. Weber hielt die Gesinnungsethik für gefährdet durch Realitätsverlust u. Tendenz zum Utopischen; sie war für ihn unvereinbar mit Verantwortungsethik. Diese beurteilt ein ethisches Verhalten ausschließlich von der Qualität der vorhersehbaren Folgen her u. soll von da her praktikabel sein. In der Kritik wurde gegen Weber vor allem eingewandt, daß er damit auf eine argumentative u. normative Begründung der Ethik verzichte. Von der Auschwitz-Katastrophe her plädierte H. Jonas († 1993) nachdrücklich für eine Verantwortungsethik, die in der Bemühung um eine humane Zukunft mögliche Folgen von Verhaltensweisen u. Entscheidungen umfassend reflektiert. In einer zunehmend nachchristlichen Gesellschaft kann die theol. Ethik auf die Begründung der V. durch Bezugnahme auf Gott nicht verzichten, ist aber zugleich zu einem verantwortungsethischen Dialog verpflichtet, in dem kommunikable Werte (humane Zukunft, Gerechtigkeit, Friede) zur Geltung kommen.
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