Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Vaticanum I
   als 20. ökumenisches Konzil gezählt, tagte unter Pius IX. († 1878) vom 8. 12. 1869 bis 18. 7. 1870. Unter dem absolutistischen u. starrsinnigen Papst polarisierte sich die kirchliche Hierarchie, wobei sich der Papst der ihm ergebenen Minderheit bediente, um seine autoritären Vorstellungen durchzusetzen. Bei der Verteidigung gegen das Gedankengut der ”modernen Welt“ (Aufklärung, Französische Revolution, Liberalismus, nationale Einigungsbewegung in Italien usw.) sollten seine Lehr- u. Leitungsansprüche auf dem von ihm einberufenen Konzil dogmatisiert werden. Von 1056 geladenen Teilnehmern waren zeitweilig 792 (mehr als ein Drittel Italiener) anwesend. Durch massive Einflußnahme erreichte der Papst eine Mehrheit für die Dogmen seiner Unfehlbarkeit u. seines [c darkviolet]Jurisdiktionsprimats (533 Ja-, 2 Nein-Stimmen). 57 Gegner der Dogmatisierung (fast alle deutschen, österreichischen u. ungarischen Bischöfe) waren vorher abgereist; sie ”unterwarfen“ sich später, während sich die ”Altkatholiken “ von der röm.-kath. Kirche abspalteten. In einem zuvor ebenfalls 1870 verabschiedeten dogmatischen Lehrtext über den [c darkviolet]Glauben wurden Gottes unendliche Verschiedenheit von der Welt, sein freies Schöpfertum, seine Erkennbarkeit durch Vernunft u. Offenbarung gegen Pantheismus u. Materialismus verbindlich gelehrt. Nach dem Ausbruch des Krieges Deutschlands gegen Frankreich 1870 vertagte der Papst das Konzil auf unbestimmte Zeit.
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