Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Unendlichkeit
   wird in der griech. Philosophie gedacht als ein Sein, das weder quantitative noch qualitative Grenzen hat; alles einzelne Seiende wird im Gegensatz dazu innerhalb solcher Grenzen gedacht, es ist ”endlich“. In der aristotelisch-thomistischen Philosophie u. Theologie wird diese U. Gott zugeschrieben (vgl. auch Panentheismus). Sie wird näherhin bestimmt als vollkommene Wirklichkeit (Vollkommenheit), in der schlechterdings alles versammelt ist, so daß ihr ”darüber hinaus“ keine Möglichkeit mehr zukommt (aktuelle, positive U., ”infinitas“). Bei G. W. F. Hegel († 1831) ist die potentielle U. (negative U., ”indefinitas“) kritisch von Bedeutung. Sie würde besagen, daß das tatsächlich Endliche unendlich teil- oder vermehrbar ist. Ein solcher ”Progreß“ würde bedeuten, daß die Bereiche des Endlichen u. des Unendlichen einander gegenseitig bestimmen. Im Gedanken einer solchen ”schlechten“ U. wäre die widersprüchliche Vorstellung enthalten, es gebe ”jenseits“ des Endlichen ein endliches Unendliches. Die ”wahre“ U. des absoluten Geistes (Absolut, Geist) umfaßt schlechterdings alles; im dialektischen Prozeß ihrer Selbstvermittlung hebt diese U. ihren Gegensatz, alles Endliche (dessen wahres Ziel sie ja ist), in sich hinein auf. In der neueren Theologie wird über Hegel hinaus die Frage bedacht, wie die U. in die Endlichkeit eintreten kann, ohne in ihr aufzugehen, in ihr erscheinen u. zugleich verhüllt bleiben kann. Im Gedanken der Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur ist die Auffassung enthalten, daß bei diesem Ereignis des Zusammenkommens der Endlichkeit wie der U. das innerste Wesen beider zu sich selber kommt.
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