Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Tugend
(sprachlich verwandt mit Taugen, Tüchtigkeit) bezeichnete früher in einem weiteren Sinn jede optimal entwickelte geistig-seelische Fähigkeit; im engeren Sinn ist T. die Kraft, das sittlich Gute gern, beharrlich u. gegen Widerstände zu verwirklichen. Der Gegensatz zur T. ist das Laster. In der theol. Ethik wird je nach der Herkunft, dem Wesen u. Ziel der Tugenden zwischen natürlichen u. übernatürlichen Tugenden unterschieden. Die natürlichen Tugenden werden auf die leib-geistige Naturanlage des Menschen zurückgeführt; sie lassen sich durch konsequente Übungen entwikkeln (Habitus). Sie stellen eine Optimierung des natürlichen Charakters u. den Schutz gegen die Vorherrschaft von Begierden u. Trieben dar. Schon in der griech. Antike (Pindar †446 v.Chr.) wurden als die wichtigsten, weil tragenden u. zusammenfassenden Tugenden die vier [c darkviolet]Kardinaltugenden dargestellt: Klugheit, Gerechtigkeit, Starkmut, Mäßigkeit . Nach der neueren Theologie des Verhältnisses von Natur und Gnade gibt es keine ”natürlichen“ Tugenden, da die ganze menschliche Existenz von Anfang an unter der ”übernatürlichen“ Gnade Gottes steht, auf ihn als ihr Ziel durch die Selbstmitteilung Gottes hingeordnet ist u. die Gnade Gottes ihr ermöglicht, durch positive gute Akte zu diesem Ziel zu gelangen. Die übernatürlichen Tugenden sind die von Gott in der [c darkviolet]Rechtfertigung (als der Dynamik der Heiligmachenden Gnade ) ”eingegossenen“ Fähigkeiten u. Kräfte, die die ”natürlichen“ Tugenden unmittelbar auf dieses Ziel hin ausrichten. Die Lehre der Stoischen Philosophie über die vier Kardinaltugenden wurde durch Ambrosius († 397) u. Augustinus († 430) mit der Lehre über die drei ”übernatürlichen“ oder ”theologischen Tugenden “ Glaube, Hoffnung u. Liebe verbunden (mit Bezugnahme auf 1 Kor 1, 13), die ”theologisch“ genannt werden, weil sie unmittelbar auf Gott, wie er in sich selber ist, bezogen sind. Durch sie befreit Gott in seiner zuvorkommenden Gnade die Transzendenz des Menschen zur Annahme der göttlichen Offenbarung u. zu der Möglichkeit, ihre eigene Erfüllung in der Anschauung Gottes zu finden. – Die bürgerliche Moral des 19. Jh. beschädigte das überlieferte Tugendverständnis durch ihre Konzentration auf ”Sekundärtugenden“ wie Gehorsam u. Demut. Unter veränderten gesellschaftlichen Existenzbedingungen werden andere Grundhaltungen betont: Solidarität, Wahrhaftigkeit, Toleranz, Gewissensfreiheit, oder besondere Seiten der überlieferten Tugenden hervorgehoben, z. B. asketische Tugenden wie Konsumverzicht.
(sprachlich verwandt mit Taugen, Tüchtigkeit) bezeichnete früher in einem weiteren Sinn jede optimal entwickelte geistig-seelische Fähigkeit; im engeren Sinn ist T. die Kraft, das sittlich Gute gern, beharrlich u. gegen Widerstände zu verwirklichen. Der Gegensatz zur T. ist das Laster. In der theol. Ethik wird je nach der Herkunft, dem Wesen u. Ziel der Tugenden zwischen natürlichen u. übernatürlichen Tugenden unterschieden. Die natürlichen Tugenden werden auf die leib-geistige Naturanlage des Menschen zurückgeführt; sie lassen sich durch konsequente Übungen entwikkeln (Habitus). Sie stellen eine Optimierung des natürlichen Charakters u. den Schutz gegen die Vorherrschaft von Begierden u. Trieben dar. Schon in der griech. Antike (Pindar †446 v.Chr.) wurden als die wichtigsten, weil tragenden u. zusammenfassenden Tugenden die vier [c darkviolet]Kardinaltugenden dargestellt: Klugheit, Gerechtigkeit, Starkmut, Mäßigkeit . Nach der neueren Theologie des Verhältnisses von Natur und Gnade gibt es keine ”natürlichen“ Tugenden, da die ganze menschliche Existenz von Anfang an unter der ”übernatürlichen“ Gnade Gottes steht, auf ihn als ihr Ziel durch die Selbstmitteilung Gottes hingeordnet ist u. die Gnade Gottes ihr ermöglicht, durch positive gute Akte zu diesem Ziel zu gelangen. Die übernatürlichen Tugenden sind die von Gott in der [c darkviolet]Rechtfertigung (als der Dynamik der Heiligmachenden Gnade ) ”eingegossenen“ Fähigkeiten u. Kräfte, die die ”natürlichen“ Tugenden unmittelbar auf dieses Ziel hin ausrichten. Die Lehre der Stoischen Philosophie über die vier Kardinaltugenden wurde durch Ambrosius († 397) u. Augustinus († 430) mit der Lehre über die drei ”übernatürlichen“ oder ”theologischen Tugenden “ Glaube, Hoffnung u. Liebe verbunden (mit Bezugnahme auf 1 Kor 1, 13), die ”theologisch“ genannt werden, weil sie unmittelbar auf Gott, wie er in sich selber ist, bezogen sind. Durch sie befreit Gott in seiner zuvorkommenden Gnade die Transzendenz des Menschen zur Annahme der göttlichen Offenbarung u. zu der Möglichkeit, ihre eigene Erfüllung in der Anschauung Gottes zu finden. – Die bürgerliche Moral des 19. Jh. beschädigte das überlieferte Tugendverständnis durch ihre Konzentration auf ”Sekundärtugenden“ wie Gehorsam u. Demut. Unter veränderten gesellschaftlichen Existenzbedingungen werden andere Grundhaltungen betont: Solidarität, Wahrhaftigkeit, Toleranz, Gewissensfreiheit, oder besondere Seiten der überlieferten Tugenden hervorgehoben, z. B. asketische Tugenden wie Konsumverzicht.