Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Traum
   im eigentlichen Sinn ist ein Moment am Schlaf, in dem sich das menschliche Bewußtsein auf tiefere Gründe hin öffnet, die der rationalen Vernunft u. Entscheidung entzogen sind. Schon in der vorchristlichen Antike wurde wegen der diffusen Erlebnisse im T. dieser als der Ort möglicher Erfahrungen des Göttlichen oder Dämonischen angesehen. Das Rätselhafte u.Wirre an Träumen ließ nach traumdeutender Kompetenz rufen. Viele Träume galten als Quelle für Vorhersagen zukünftigen Geschehens. Alle diese Elemente gehören auch zu den biblischen Zeugnissen über Träume. Die Schrift warnt vor nichtigen Träumen, sieht die Träume aber auch als Gelegenheiten für Gott an, Ankündigungen oder Weisungen mitzuteilen, gegen die einMensch sich im Tagesbewußtsein meist versperren würde. So können Träume Weisen der göttlichen Offenbarung sein (Num 12, 6; Gen 20, 3 ff.; 28, 12–15; 37, 5–10; Mt 1, 20; 2, 13 u. ö.). Die Bibelwissenschaft müht sich um Kriterien, wie gestaltete Kunstträume erkannt werden können. Heutige psychologische Bemühungen um Träume befassen sich positiv u. kritisch mit den Theorien der Traumdeutung bei S. Freud († 1939) u. C. G. Jung († 1961). Für Freud sind Träume der ausgezeichnete Weg, das ”Unbewußte“ kennenzulernen. Für ihn enthalten die konfusen ”manifesten“ Inhalte der Träume ”latent“ unterdrückte u. verdrängte Wünsche; der Wirrwarr zeige an, daß das Ich in einer Traumarbeit diese Wünsche derart verändern könne, daß der Schlaf nicht mehr gestört werde. Der Psychoanalyse komme es zu, die unerfüllten Triebwünsche therapeutisch bewußt zu machen. Jung ergänzte diese Sicht, indem er auf die Zielrichtung der Träume hinwies, abgespaltene psychische Komplexe zu integrieren, Kontakte zum kollektiven ”Unbewußten“, dem Archetypischen u. Numinosen herzustellen u. so zu einer umfassenden seelischen Ganzheit des Menschen beizutragen. Therapeutische Methoden wurden seither weiter ausgebaut. Empirische Traumforschung erhob viele faktische Einzelheiten, ohne wesentlichen Erklärungszuwachs. Psychische Störungen u. Erkrankungen äußern sich häufig in religiösen Träumen, die jedoch kaum theol. Interesse finden.
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