Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Transzendenz
   (lat. = das Überschreiten) ist ein zentraler Begriff eines Seinsdenkens, das in Theologie u. Anthropologie unentbehrlich ist. Er ergibt sich aus einer Analyse des menschlichen Erkennens u. Wollens: Ein Mensch begreift in seiner Fähigkeit des Erkennens u. Wollens (Liebens) das ihm begegnende Einzelne nur im ”Vorgriff“ auf das Sein überhaupt. Somit gründen jede Erkenntnis u. jedes bewußteWollen in einem mit-bewußten, ”unthematischen“ Wissen um das Sein schlechthin, zu dem (wenn das Sein als schlechthin alles umfassend gedacht wird) ein Wissen um das Geheimnis, um Gott, um Geist u. um Freiheit gehört, auch wenn dieses Wissen nicht ausdrücklich thematisiert wird. Die so verstandene Transzendentalität des menschlichen Geistes ist Voraussetzung u. Grund der Person, der Verantwortung, der religiösen Erfahrung (bis hin zur Mystik) u. der Möglichkeit der Selbstmitteilung Gottes in seiner Gnade u. in seiner Offenbarung. Der Begriff der T. besagt nicht notwendigerweise, daß Gott sich zumMenschen u. derWelt geschichtslos-”jenseitig “ verhalte.Wird die T. als Voraussetzung für das sich selber geschichtlich dem Menschen mitteilende Geheimnis verstanden, dann steht diese T. nicht im Widerspruch zu Dimensionen, die neuere evangelische Theologen beim Begriff der T. vermissen (wie: ”Tiefe des Seins“, Woraufhin der Mitmenschlichkeit, Antwort auf die Sinnfrage, absolute Zukunft). Vom Menschen u. von der Menschheit ein unendliches Transzendieren auszusagen, ist nicht widergöttlich, wenn immer der Grund, der dieses Transzendieren ermöglicht, mitbedacht wird (vgl. z. B. das Bedenken der Erschaffung des Menschen im Licht der Selbsttranszendenz u. andere konkrete Fälle). Der Begriff der T. Gottes besagt nicht dessen ausschließliche ”Weltjenseitigkeit“ u. schlechthinnige Unerkennbarkeit, beinhaltet aber seine Unbegreiflichkeit u. Unverfügbarkeit.
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