Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Traditionalismus
   ist ein theologiegeschichtlicher Fachbegriff für eine im 19. Jh. aufgekommene, gegen Rationalismus u. Skepsis gerichtete Lehre, daß die individuelle Vernunft metaphysische u. religiös-ethische Erkenntnisse nicht erreichen könne, daß diese vielmehr nur durch eine [c darkviolet]Offenbarung Gottes in der Gestalt einer Uroffenbarung erlangt werden könnten, deren Zeugnisse in den Sprachen, im ”Volksgeist“, in der kollektiven Gemeinvernunft, in der kirchlichen Tradition erhalten seien u. die autoritativen Rang hätten. Als kath. Hauptvertreter werden genannt: L. G. A. de Bonald († 1840), L.-E.-M. Bautain († 1867), A. Bonnetty († 1879). Wenn, wie im T., eine göttliche Offenbarung die einzige Quelle höherer Erkenntnisse ist, dann verliert sie ihren eigentümlichen geschichtlichen Charakter. Vor allem ignoriert der T., daß die geschichtliche Offenbarung u. Tradition die menschliche Vernunft als Adressaten brauchen, damit das geschichtliche Wort in verantwortlichen Entscheidungen angenommen werden kann. Der T. wurde von der kirchlichen Lehrinstanz abgelehnt.
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