Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Tora
   (hebr. =Weisung, Anweisung), im gläubigen Judentum die zusammenfassende Bezeichnung für sämtliche zu allen Zeiten gültigen u. verbindlichen Weisungen Gottes, die alle Lebensbereiche betreffen u. die in der Zeit von der Erschaffung der Welt bis zum Tod des Mose (des Gesetzesmittlers vom Sinai) erlassen wurden. Die T. gilt nicht als Last, sondern als Gegenstand großer Liebe, da sie die Selbstaussage Gottes, die Israel von den ”Völkern“ unterscheidet, u. der Ort der Gottesbegegnung ist. Wichtigste u. freudig erfüllte Aufgabe im Leben eines Juden ist das Lernen der T. Höchste Autorität u. Ansehen als T. genossen unbestritten die ”fünf BücherMose“ (griech. = Pentateuch). Über die Zugehörigkeit anderer Gebote u. späterer Interpretationen zur T., die als ”Zaun“ um die T. gesammelt wurden, um sie zu ehren, auch über die Problematik der Ritualgebote, wurde schon früh innerjüdisch diskutiert. Jesus betonte die Geltung der T. u. seinen Willen, sie zu ”erfüllen“; gleichzeitig verschärfte er mit radikalen Konkretionen die zentrale Bedeutung des Liebesgebotes in der T. (Mt 5, 21–48; Mk 10, 1–12), während er gegenüber den Ritual- u. Speisegeboten u. späteren Traditionen sehr kritisch eingestellt war. Die Behandlung des Gesetzes bei Paulus, Lk u. Joh zeigt, daß bei ihnen ein anderes Verständnis der T. vorliegt; insbesondere ist das von Paulus negativ beurteilte Gesetz (dessen Konzeption sich im damaligen Judentum nicht nachweisen läßt) keineswegs mit der T. identisch. Die reformatorische, von Paulus abgeleitete Auffassung vom Widerspruch des Evangeliums gegen ein tötendes Buchstabengesetz kann nicht die T. im Sinn Jesu meinen.
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