Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Taufe
   heißt das erste u. grundlegende christliche Sakrament.   1. Biblische Zeugnisse. Wenn auch im Umfeld der frühesten christlichen Gemeinden rituelle Bäder u. Waschungen vorkamen, so besteht doch ein theol. Konsens darüber, daß nicht ihretwegen die T. eingeführt wurde, sondern wegen des Vorbilds, das Jesus selber gab, als er sich durch Johannes den Täufer im (fließenden Wasser des) Jordan taufen ließ (Mk 1, 9 par.). Die T. des Johannes war eine Symbolhandlung, mit der die Bereitschaft, das Leben neu nach den Weisungen Gottes zu gestalten (Metanoia), u. die Vergebung der Sünden zum Ausdruck gebracht wurden. Die T. war u. ist wie beim Täufer Johannes ein einmaliger Akt. Sie wurde aber von Anfang an mit der Gabe des Heiligen Geistes verbunden (Mk 1, 8 u. ö.) u. geschah ”auf den Namen Jesu“ (Apg 2, 38; 10, 48). In der ältesten Tauftheologie versteht Paulus die T. als sakramentalen Mitvollzug des Todes Jesu (Röm 6, 3–11) zur Bezeugung der Absage an ein ”altes“ Leben u. des Vertrauens auf ein ”neues“ Leben mit dem auferweckten Christus. Dieses neue ”Sein in Christus “ ist bei Paulus unlösbar mit der Gabe des göttlichen Pneuma u. dem Beginn der kirchlichen Existenz in der T. verbunden (1 Kor 1, 10–17; Gal , 26 ff.; 5, 24 f. u. ö.). Der sog. Taufbefehl (Mt 28, 18 ff.) mit seiner ”triadischen Formel“ geht nach überwiegender exegetischer Auffassung nicht auf Jesus zurück, sondern er bezeugt eine bereits entwickelte Taufliturgie. Apg enthält zahlreiche Zeugnisse für frühchristliche Taufpraxis, in der das Verständnis der T. als Initiation deutlich wird. Daß die Gabe des Heiligen Geistes nicht ausschließlich an die T. gebunden ist, wird daran ersichtlich, daß sie durch Handauflegung vor der T. geschieht (Apg 9, 17 ff.; 10, 44–48) oder ihr nachfolgt (Apg 8, 14–15; 19, 1–7). Joh , 5 ist als Zeugnis für die Wiedergeburt aus dem Wasser (der T.) u. dem Geist bedeutsam.
   2. Zur Geschichte. Für die Taufpraxis der alten Kirche existieren viele Zeugnisse vom 2. Jh. an; vgl. auch Kindertaufe. Eingehend sind die Ausführungen in einem Hippolyt zugeschriebenen Text aus dem Beginn des 3. Jh. Der T. ging ein Unterricht über die Glaubensinhalte u. die christliche Lebensgestaltung voraus, das (meist 3 Jahre dauernde) ”Katechumenat“, von Wortgottesdiensten begleitet. Das Taufwasser wurde geweiht. Die Taufliturgie umfaßte u. a. einen Exorzismus, eine Salbung, das [c darkviolet]Glaubensbekenntnis (in der Gestalt einer Befragung), die T. durch Übergießen mit oder Untertauchen in Wasser, die Handauflegung (in den ersten Jhh. durch den Bischof), nochmalige Salbung, Friedenskuß, Eucharistiefeier. Etwas andere Gestaltungen sind z. B. für Syrien, Jerusalem u. Konstantinopel bezeugt. Die zunehmende Größe der Gemeinden war der Anlaß, daß die Priester als Gehilfen des Bischofs normalerweise die T. spendeten u. dem Bischof die Vollendung der Liturgie in der Firmung vorbehalten wurde. Vom 13. Jh. an wurde den Kleinkindern in der Westkirche die Eucharistie nicht mehr gereicht. Zu theologiegeschichtlichen Problemen: Ketzertaufe, Donatismus, sakramentaler Charakter. Im Gefolge der Reformation, die unverändert an der Tauftheologie festhielt, kam, angefangen mit der Täuferbewegung des 16. Jh., immer wieder die Forderung auf, die persönliche Glaubensentscheidung müsse der T. vorausgehen (z. B. Mennoniten, Baptisten, im 20. Jh. K. Barth †1968 u. a.). Liturgische Erneuerungsbemühungen u. ökumenische Gespräche galten der Neuordnung der Initiationsriten. In der röm.-kath. Kirche wurde die Einbettung eines Kindes in die gläubige Existenz der Familie so hoch bewertet, daß bei Zweifeln daran ein Taufaufschub für ratsam gehalten wird. Die nachchristliche Gesellschaft bedingte die Erneuerung der Erwachsenentaufe u., verbunden mit ihr, dieWiedereinführung einer eingehenden Unterweisung in christlichen Glauben, Spiritualität u. Lebensführung (das wiederbelebte Katechumenat, nicht mit dem problematischen ”Neokatechumenat“ zu verwechseln). In orthodoxen Ostkirchen bestehen Zweifel an der Gültigkeit der von Nichtorthodoxen gespendeten T.
   3. Zur aktuellen Auffassung. In sehr vielen aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen besteht zusammen mit der röm.-kath. Kirche die Überzeugung, daß die T. ein ganz wesentliches Element bestehender Einheit der Christen u. der getrennten Kirchen darstellt. In kath. Sicht besteht die erstrangige Wirkung der T. in der Eingliederung in die Kirche (ihr gegenüber tritt die im Glaubensbekenntnis bezeugte Vergebung der Sünden, die im Zeichen der Kindertaufe als Tilgung der Erbsünde verstanden wurde, zurück). Die Heilsnotwendigkeit der T. wird analog zur Heilsnotwendigkeit der Kirche gestuft verstanden (Bluttaufe im Martyrium, Begierdetaufe durch ein [c darkviolet]Votum usw.). An der Möglichkeit für Nichtgetaufte, durch die vergebende Gnade Gottes das ewige Heil in der Vollendung erlangen zu können, bestehen keinerlei Zweifel mehr (vgl. auch übernatürliches Existential, [c darkviolet]Anonymes Christsein ). Nach offizieller kath. Lehre kann jeder Mensch, Frau oder Mann, taufen, auch Angehörige anderer Religionen, Ungetaufte, wenn sie die Intention haben, das zu tun, was die Kirche in der T. tut, auch wenn sie das nicht bejahen. Die gültige T. geschieht durch Aufgießen vonWasser oder Untertauchen im Namen der göttlichen Trinität gemäß Mt 28, 19. Für die feierliche T. u. die Paten gelten eigene Bestimmungen, in denen die Bedeutung der eigenen Pfarrgemeinde, des Pfarrers u. des Sonntags zur Geltung kommt.
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