Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Taoismus
   europäische Bezeichnung, mit der philosophische u. religiöse Gedanken zusammengefaßt werden, die auf den chinesischen Philosophen Lau-tsi (westlich: Lao-tse) zurückgehen sollen. Nach einer Quelle des 1. Jh. v.Chr. lebte er im 6.–5. Jh. v.Chr. u. soll das Buch ”Tao-te ching“ (”Kanonisches Buch über den Weg u. die Tugend“) verfaßt haben. Diese Schrift, eine Sammlung unterschiedlicher philosophischer Aphorismen wohl aus dem 3. Jh. v.Chr., bezeugt Auffassungen, die sich stark vom [c darkviolet]Konfuzianismus unterscheiden. Zusammen mit ihm gilt ein weiteres, etwa gleich altes Buch ”Nan-hua chen-ching“ (”Wahres Buch vom südlichen Blütenland“) eines Verfassers Chuang-tzu als Grundlage des T. In abendländischen Begriffen ist der ursprüngliche T. anders als der Konfuzianismus nicht auf Ethik, sondern aufMetaphysik konzentriert. ”Tao“ (”Dao“) kann mit ”Urprinzip des Weges“ übersetzt werden; es kommt dem Absoluten in der westlichen Metaphysik sehr nahe, da es allem Sein u. Tun als Quelle zugrunde liegt, selber aber nicht ”begründet“, ohne Anfang u. ohne Ende ist. Das Tao läßt sich verstandesmäßig nicht erfassen u. auch nicht definieren, da es keine Eigenschaften hat. Es ist nur der Intuition zugänglich. Die Möglichkeit, von da aus eine ”Naturmystik“ zu entwickeln, macht den T. im Abendland interessant. Im Ursprung galt der T. als Tugendlehre für Fürsten, die unparteiisch u. selbstbeherrscht, auf das Ideal des Weiblichen u. des Geringen bezogen, leben sollen. Der spätere T. in den ersten Jahrhunderten n.Chr. läßt Einflüsse des Konfuzianismus u. Buddhismus erkennen; er wurde zu einer Religion mit Priestern u. eigenen Ritualen. Zu den Grundvorstellungen unterschiedlicher Richtungen gehört die Meinung, das Tao personifiziere sich in drei Göttern, den ”Himmlischen Ehrwürdigen“. Ihnen gelten Verehrung u. Rituale zur Läuterung von Sünden, zur Erlangung von Glück, Abwendung von Unglück u. zur Erlösung der Verstorbenen. Den Priestern wird auch die Möglichkeit zugesprochen, Krankheiten zu heilen. Der T. in diesen Gestalten überlebte die großen Veränderungen von 1911 u. 1949 in China.
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