Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Strukturalismus
   ein Oberbegriff für diverse Methoden unterschiedlicher Wissenschaften, die sich mit apriorischen Ordnungen (Strukturen) menschlicher Äußerungen u. Verhaltensweisen befassen u. nachzuweisen versuchen, daß diese Strukturen vom Bewußtsein unabhängig sind. Der Beginn wird mit Bemühungen von F. de Saussure († 1913) in der Sprachwissenschaft angesetzt. Dieser linguistische St. wurde in mehreren Ländern weiterentwickelt u. gewann auch Beachtung in der Bibelexegese. Von den weiteren Wissenschaften, in denen der St. wirksam wurde, sind v. a. Ethnologie (C. Lévi-Strauss) u. Psychoanalyse (J. Lacan) zu nennen. Nach M. Foucault († 1984) ist das menschliche Subjekt das bloße Produkt anonymer Regeln (”Tod des Menschen“). Die Kritik richtet sich gegen die klassische Metaphysik u. deren theol. Ausprägung, gegen [c darkviolet]Anthropozentrik, Teleologie u. Transzendentalphilosophie (so auch bei späteren Strukturalisten wie J. Baudrillard, J. Derrida oder J.-F. Lyotard). Insbesondere die Konzeption des Menschen in der gegenwärtigen systematischen Theologie, die ihn als von Gott mit befreiter Freiheit zu Eigenverantwortung u. Autonomie begabt versteht, wird vom St. total negiert. Eine theol. Auseinandersetzung mit strukturalistischen Thesen ist Paul Ricoeur zu verdanken, der aufzeigte, daß Sprache mehr ist als nur strukturell kombinierte Wörter, u. daß sich nicht aus strukturellen Analysen, sondern nur aus Anstrengungen der Hermeneutik ein spezifisch menschliches Verstehen ergibt.
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