Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Sozialethik
   ist eine im 20. Jh. ausgebildete eigene, die Individualethik ergänzende theol. Disziplin, die in besonderem Maß auf interdisziplinäres Vorgehen innerhalb der Theologie u. über sie hinausgreifend angewiesen ist. Sie hat sich informierend (unter Rückgriff auf ”empirische Sozialforschung “) u. analysierend mit Problemen u. Konflikten der jeweiligen Gesellschaften zu befassen. Als Teil der theol. Ethik sollte sie christliche Normen für gesellschaftliches Handeln in jeweiligen Situationen entwickeln, wobei sich ein ökumenischer Konsens herauszubilden scheint, daß unter den komplexen sozio-kulturellen Verhältnissen der neuesten Zeit aus der Bibel höchstens gewisse grundsätzliche Impulse, nicht aber konkrete Regeln abgeleitet werden können. So ist die S. sehr stark philosophischethisch u. soziologisch orientiert. Im Hinblick auf die Verantwortung der Kirche für die Welt muß die S. versuchen, den christlichen Beitrag für das Gemeinwohl des Ganzen der jeweiligen Gesellschaft öffentlich kommunikabel zu machen. In kath. Sicht gehört dazu die Soziallehre des Lehramts (das jedoch nicht über eigene Erkenntnisquellen verfügt), während in ev. Sicht verbindliche sozialethische Prinzipien sich aus einem kirchlichen Konsens ergeben müssen, dem im deutschen Bereich die ”Denkschriften“ dienen. Die S. ist durch die völlig verschiedenen gesellschaftlichen Strukturen u. Probleme (Industriegesellschaften, ”Dritte Welt“ usw.) eine plural differenzierte Wissenschaft geworden.
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