Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Säkularisierung
   ist ein philosophischer, theologischer u. soziologischer Begriff als Kurzbezeichnung für einen Prozeß, in dem die von der Religion geprägte vormoderne europäische Welt durch die neuzeitlich-moderne Welt abgelöst wurde. Ein herausragendes Kennzeichen dieser S. ist das Entstehen autonomer, von religiösen Einflüssen freier Bereiche: Politik, Wirtschaft, Wissenschaften usw., mit der Folge immer größerer Privatisierung der Religion u. eines immer stärkeren Bedeutungsverlustes des kirchlichen Christentums in der Öffentlichkeit. Innerhalb der kirchlichen Religiosität vollzog sich ein analoger Prozeß (nicht unabhängig vom erstgenannten), bei dem eine kritische u. aufgeklärte Mentalität an die Stelle des vormodernen Wunder- u. Vorsehungsglaubens tritt. Von da her wird verständlich, daß S. ein Kampfbegriff des Fundamentalismus u. der [c darkviolet]Traditionalistenbewegung ist, die ihrerseits den Prozeß verloren geben u. sich auf dem Rückzug in ein sektiererisches Getto befinden. Ohne den Begriff S. zu gebrauchen, wertete D. Bonhoeffer († 1945) das Entstehen einer ”mündigen Welt“ positiv (vgl. auch Atheismus). F. Gogarten († 1967) wies auf die biblische Herkunft einer legitimen S. hin. Die [c darkviolet]Politische Theologie erkennt gerade auf der Grundlage des Glaubens die Autonomie einer weltlichenWelt an, deckt deren Defizite auf u. weist auf die Verpflichtung der Christen hin, an der Verwirklichung einer menschlicheren Welt mitzuarbeiten.
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