Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Religionsfreiheit
die Freiheit eines Menschen, sich nach seinem eigenen Gewissen zu einer oder zu keiner Religion zu bekennen, auch in der Lebensführung, u. dieses Bekenntnis zu ”äußern“, dies jedoch mit der Einschränkung, daß andern dadurch kein Schaden entsteht. Die R. gehört zu den Menschenrechten u. erstreckt sich nicht nur auf Individuen, sondern auch auf Religionsgemeinschaften u. religionslose Gruppierungen. Sie steht in keinem Zusammenhang mit der Frage nach der Wahrheit oder Falschheit einer Religion oder Weltanschauung. Die Anerkennung der R. bahnte sich erst mit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 u. der Betonung der Gewissensentscheidung beim Glauben in der reformatorischen Theologie an. In der röm.-kath. Kirche wurde die R., seit das Christentum Staatsreligion wurde (380), bis zur Säkularisation weder erkannt noch respektiert, im Gegenteil. Im 19. Jh. bekannten sich Verfassungen europäischer Staaten mit konfessionell gemischter Bevölkerung zur R., während sich die Päpste Gregor XVI. 1832, Pius IX. 1864, Leo XIII. 1885 u. Pius XII. 1953 gegen die R. äußerten. Bis u. mit Pius XII. vertrat das kath. Lehramt die Auffassung, das Thema der R. sei notwendigerweise mit der Wahrheitsfrage verbunden u. die Wahrheit habe den Primat vor der Freiheit. Erst seit Johannes XXIII. (”Pacem in terris“ 1963) u. dem II. Vaticanum akzeptiert die kath. Kirchenleitung die R. Sie wird als Freiheit von jedem Zwang in religiösen Dingen verstanden (DH 2 ); ihre Grenzen ergeben sich durch die öffentliche Ordnung (DH 7 ); alle Religionsgemeinschaften haben gleiche Rechte, keine Religionsgemeinschaft darf unlautere Werbung betreiben (DH 4 ). Die theol. Begründung wird im Appell Jesu u. seiner Jünger an die Freiheit der Menschen gesehen (DH 9 , 11 ). Rechtlich u. sachlich kann die R. als umfassender Begriff für Glaubens-, Gewissens-, Bekenntnis- u. Kultusfreiheit verstanden werden. Zu ihr gehören nach heutigem kirchenrechtlichem Verständnis auch das Recht, die Religion zu wechseln, u. die Freiheit, den Glauben aufzugeben u. an Gottesdiensten u. Riten nicht teilzunehmen. In der Fortentwicklung der Weltzivilisation wird die Aufnahme der R. in die ”Allgemeine Erklärung der Menschenrechte “ (Art. 18) der Vereinten Nationen von 1948 wegweisend sein.
die Freiheit eines Menschen, sich nach seinem eigenen Gewissen zu einer oder zu keiner Religion zu bekennen, auch in der Lebensführung, u. dieses Bekenntnis zu ”äußern“, dies jedoch mit der Einschränkung, daß andern dadurch kein Schaden entsteht. Die R. gehört zu den Menschenrechten u. erstreckt sich nicht nur auf Individuen, sondern auch auf Religionsgemeinschaften u. religionslose Gruppierungen. Sie steht in keinem Zusammenhang mit der Frage nach der Wahrheit oder Falschheit einer Religion oder Weltanschauung. Die Anerkennung der R. bahnte sich erst mit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 u. der Betonung der Gewissensentscheidung beim Glauben in der reformatorischen Theologie an. In der röm.-kath. Kirche wurde die R., seit das Christentum Staatsreligion wurde (380), bis zur Säkularisation weder erkannt noch respektiert, im Gegenteil. Im 19. Jh. bekannten sich Verfassungen europäischer Staaten mit konfessionell gemischter Bevölkerung zur R., während sich die Päpste Gregor XVI. 1832, Pius IX. 1864, Leo XIII. 1885 u. Pius XII. 1953 gegen die R. äußerten. Bis u. mit Pius XII. vertrat das kath. Lehramt die Auffassung, das Thema der R. sei notwendigerweise mit der Wahrheitsfrage verbunden u. die Wahrheit habe den Primat vor der Freiheit. Erst seit Johannes XXIII. (”Pacem in terris“ 1963) u. dem II. Vaticanum akzeptiert die kath. Kirchenleitung die R. Sie wird als Freiheit von jedem Zwang in religiösen Dingen verstanden (DH 2 ); ihre Grenzen ergeben sich durch die öffentliche Ordnung (DH 7 ); alle Religionsgemeinschaften haben gleiche Rechte, keine Religionsgemeinschaft darf unlautere Werbung betreiben (DH 4 ). Die theol. Begründung wird im Appell Jesu u. seiner Jünger an die Freiheit der Menschen gesehen (DH 9 , 11 ). Rechtlich u. sachlich kann die R. als umfassender Begriff für Glaubens-, Gewissens-, Bekenntnis- u. Kultusfreiheit verstanden werden. Zu ihr gehören nach heutigem kirchenrechtlichem Verständnis auch das Recht, die Religion zu wechseln, u. die Freiheit, den Glauben aufzugeben u. an Gottesdiensten u. Riten nicht teilzunehmen. In der Fortentwicklung der Weltzivilisation wird die Aufnahme der R. in die ”Allgemeine Erklärung der Menschenrechte “ (Art. 18) der Vereinten Nationen von 1948 wegweisend sein.