Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Reinheit, kultische
Viele Religionen unterscheiden bei Dingen, Speisen oder Handlungen vielfältiger Art zwischen solchen, die als vereinbar mit dem Kult oder dem Kult-Ausübenden betrachtet werden, dem ”Reinen“, u. solchen, die als unvereinbar angesehen werden, dem ”Unreinen“ (beide Male entweder dauernd oder für bestimmte Zeit). In der Religion Israels existierten zahlreiche Reinheitsvorschriften (z. B. Lev 11–17), die sowohl das soziale Leben als auch den Kult prägten. Herkunft u. genaue Bedeutung sind schwer zu erklären, da wohl viele nicht mehr verstandene archaische Tabu-Gewohnheiten in die Gesetzgebung übernommen wurden (Blut, körperliche Ausflüsse usw.) u. hygienische Erfahrungen eine Rolle spielten. DerWunsch, sich der R. u. Heiligkeit Gottes anzunähern, wird oft im Hintergrund gestanden haben. Zahlreiche Reinigungsriten dienten der Wiederherstellung der R. In prophetischen u.Weisheits-Texten wird metaphorisch von R. u. Unreinheit im Hinblick auf Sünden, vor allem auf Verehrung fremder Götter, gesprochen. Als ”R. des Herzens“ gilt eine lautere Gesinnung (Spr 20, 9; Sir 38, 10; Ijob , 17). Jesus steht im Hinblick auf die R. in dieser weisheitlichen jüdischen Tradition (Mk 7,1–23; Mt 2, 25 f.). Die ältere Auffassung ist in den Erzählungen von der Austreibung ”unreiner Geister“ u. von gesellschaftlich ausgegrenzten Menschen erhalten. Die Frage nach der Verpflichtung der R. für Heidenchristen hatte in der frühen, vom Judentum schon getrennten Kirche eine große Bedeutung (z. B. Apg 10; 15 u. ö.). In der späteren christlichen Askese tauchten, mit Nachwirkungen bis weit ins 20. Jh., archaische Unreinheitsvorstellungen im Zusammenhang mit einem engen u. befangenen Umgang mit der [c darkviolet]Sexualität auf. In der Mystik u. in einer höher stehenden Ethik hatte u. hat die ”R. des Herzens“ im Sinn einer lauteren, von Haß u. Eigennutz freien, vertrauensvoll Gott zugewandten Gesinnung einen sehr hohen Stellenwert.
Viele Religionen unterscheiden bei Dingen, Speisen oder Handlungen vielfältiger Art zwischen solchen, die als vereinbar mit dem Kult oder dem Kult-Ausübenden betrachtet werden, dem ”Reinen“, u. solchen, die als unvereinbar angesehen werden, dem ”Unreinen“ (beide Male entweder dauernd oder für bestimmte Zeit). In der Religion Israels existierten zahlreiche Reinheitsvorschriften (z. B. Lev 11–17), die sowohl das soziale Leben als auch den Kult prägten. Herkunft u. genaue Bedeutung sind schwer zu erklären, da wohl viele nicht mehr verstandene archaische Tabu-Gewohnheiten in die Gesetzgebung übernommen wurden (Blut, körperliche Ausflüsse usw.) u. hygienische Erfahrungen eine Rolle spielten. DerWunsch, sich der R. u. Heiligkeit Gottes anzunähern, wird oft im Hintergrund gestanden haben. Zahlreiche Reinigungsriten dienten der Wiederherstellung der R. In prophetischen u.Weisheits-Texten wird metaphorisch von R. u. Unreinheit im Hinblick auf Sünden, vor allem auf Verehrung fremder Götter, gesprochen. Als ”R. des Herzens“ gilt eine lautere Gesinnung (Spr 20, 9; Sir 38, 10; Ijob , 17). Jesus steht im Hinblick auf die R. in dieser weisheitlichen jüdischen Tradition (Mk 7,1–23; Mt 2, 25 f.). Die ältere Auffassung ist in den Erzählungen von der Austreibung ”unreiner Geister“ u. von gesellschaftlich ausgegrenzten Menschen erhalten. Die Frage nach der Verpflichtung der R. für Heidenchristen hatte in der frühen, vom Judentum schon getrennten Kirche eine große Bedeutung (z. B. Apg 10; 15 u. ö.). In der späteren christlichen Askese tauchten, mit Nachwirkungen bis weit ins 20. Jh., archaische Unreinheitsvorstellungen im Zusammenhang mit einem engen u. befangenen Umgang mit der [c darkviolet]Sexualität auf. In der Mystik u. in einer höher stehenden Ethik hatte u. hat die ”R. des Herzens“ im Sinn einer lauteren, von Haß u. Eigennutz freien, vertrauensvoll Gott zugewandten Gesinnung einen sehr hohen Stellenwert.