Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Quietismus
   (lat. ”quies“ = Ruhe), eine Richtung der Mystik in den romanischen Ländern im 17. u. 18. Jh., für die der anzustrebende Zustand der Vollkommenheit in reiner Innerlichkeit, völliger Passivität, selbstloser, völlig resignierter Liebe zu Gott bestehe. Der Weg dazu wurde in der Ausmerzung jeglicher Aktivität u. jedes eigenen Heilsinteresses gesehen. Als Hauptvertreter werden genannt: M. de Molinos († 1696), Madame J.-M. de Guyon († 1717) u. F. Fénelon († 1715). Ihr Hauptgegner war J.-B. Bossuet († 1704). Ähnliche Tendenzen existierten im ostkirchlichen [c darkviolet]Hesychasmus des 12.–14. Jh. u. in der westlichen Beginenmystik des 13. Jh. Die Folge der quietistischen Grundauffassung war für die kirchliche Spiritualität, daß mündliches Gebet, besonders das Bittgebet, die nichtmystische Betrachtung u. die aktive Askese mehr oder weniger abgelehnt wur-Quietismus 524 den. Eine in manchem vergleichbare Bewegung im ev. Christentum war der Pietismus. Dieser u. der Q. waren Reaktionen auf eine dürre, ”verkopfte “ Schultheologie u. gegen eine rationale, aktivistische Willensaskese, durch die tiefere Kräfte des Menschen verschüttet statt befreit u. geformt wurden. Aufgrund von Verdächtigungen u. Denunziationen wurden 1687 u. 1699 Thesen des Q. von Päpsten mit verschiedenen Zensuren belegt, aber nicht als häretisch verurteilt.
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