Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Predigt
   (von lat. ”praedicare“ = laut sagen) bezeichnet die Verkündigung des Wortes Gottes (Kerygma) durch den in der Kirche im Namen Jesu amtlich dazu beauftragten Menschen (Frau oder Mann, Geweihter oder ”Laie“). Die biblischen Entsprechungen werden gewöhnlich unter Verkündigung “ (vgl. auch Prophet) besprochen. Die P. hatte hinsichtlich ihres ”Ortes“, der Sprechenden u. Hörenden, ihrer Gestaltung (formale u. materiale Vielfalt) u. der Rechtsvorschriften eine überaus komplizierte Geschichte. Im kath. Bereich sorgten die sog. Bettelorden u. Mystiker, in den ev. Kirchen die Mittelpunktstellung des Wortes Gottes für neue Impulse des Predigtwesens. Mit den praktischen u. inhaltlichen Aspekten sowie dem spirituellen Geschehen bei der P. befaßt sich innerhalb der Theologie die Homiletik. – Im theol. Verständnis ist P. nicht Lehre oder Information, die auch unabhängig von ihr zugänglich wären, u. nicht moralischethischer (oder im schlimmen Fall auch moralisierender) Impuls, sondern Proklamation des wirksamen, liebenden u. vergebenden Heilswillens Gottes (des Evangeliums). Dieser wird zeit- u. situationsbedingtWirklichkeit in seiner Verkündigung: In ihr verbindet Gott sein verkündigtes Wort mit seiner wirksamen Gnade, u. diese Gnade ist als Selbstmitteilung Gottes das Verkündigte selber, das bewirkt, daß es von hörenden Menschen in Freiheit angenommen wird. Beides, die Proklamation u. die Gabe des Hörens u. der Zustimmung in Gnade, bietet Gott mittels der Kirche auch dort noch an, wo menschliche Eitelkeit sich selber predigt. So besteht ein innerer Zusammenhang zwischen dem wirksamen Wort Gottes, das dem einzelnen Menschen in seiner Situation vor Gott auch im Sakrament zugesprochen wird, mit der Proklamation der Heilstat Gottes in Tod u. Auferweckung Jesu, die in der Eucharistie wirksam gegenwärtig gesetzt wird, u. der ”normalen“ P. Darum darf derWortgottesdienst, wie bei Katholiken noch weithin üblich, nicht abgewertet werden. Bei der P. hat die Einweisung in die gläubig verstehende Annahme des wirksamen Wortes, die Mystagogie, neben allen andern sinnvollen Formen u. Inhalten der P., den Vorrang. Für die Verbreitung gesellschaftlicher Impulse, theol. Auseinandersetzungen, Vermittlung von Informationen usw. gibt es andere öffentliche Möglichkeiten u. kirchliche Orte als die der P. Die weithin übliche monologische Kommunikationsstruktur der P. ist weder vom Wort Gottes her geboten noch sachlich notwendig. Erinnerung des Wortes Gottes, Kommunikationsvorgang u. Lernprozeß sind grundsätzlich gemeinsame Vollzüge aller Beteiligten, Frauen u. Männer, Geweihter u. ”Laien“.
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