Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Pneuma
(griech. = Wind, Hauch, Atem), bezeichnet vom AT (LXX) her auch im NT die dem Menschen von Gott geschenkte, von Gottes souveräner Verfügung abhängige innere Lebendigkeit des Menschen, deren tiefe Dimensionen sich in der Reflexion immer deutlicher abzeichnen: Das Lebensprinzip, die Seele; seine Geistigkeit (Geist, Trichotomismus) mit seiner Gesinnung; seine ”pneumatische“ Begabung durch Gott, die ihn vor Gott gerecht u darum in einem tieferen Sinn lebendig macht. Der Geist Gottes wirkt nach dem AT (das für ihn meist ”ruach“ einsetzt) befähigend u. stärkend in Personen, die für den Glauben u. das Gedeihen des Eigentumsvolkes Gottes wichtig sind (Richter, Propheten, Könige usw.); als guter Geist führt er das Volk beim Auszug aus Ägypten, als warnender Geist spricht er durch Propheten; als schöpferisch lebendig machender Geist bewirkt er die Erneuerung nach dem Exil (Ez 37, 1–14). Das Kommen des göttlichen Geistes wird nicht selten als ”Ausgießen“ bezeichnet, so auch in der universalen eschatologischen Verheißung Joel , 1 ff. In der Weisheitsliteratur tritt das P. in enger Verbindung mit der Weisheit auf (die ”sophia “ ist weiblich, wie meist die hebr. ”ruach“ auch). Der Geist Gottes ist nicht nur dynamische Gegenwart in den Glaubenstreuen, sondern er erfüllt auch in kosmischer Gegenwart das Universum. In der Sicht des NT wurde die Joel-Verheißung nach dem Tod u. der Erhöhung Jesu erfüllt (Apg 2, 17 f.). Jesus selber scheint den Beistand des Heiligen Geistes in Verfolgungen verheißen zu haben (Mk 1, 11 par.). Die Kindheitserzählungen führen die Empfängnis Jesu auf den Heiligen Geist zurück (Mt 1, 18–21; Lk 1, 35). Dieser kommt bei der Taufe sichtbar auf Jesus, er führt ihn u. in ihm ”jubelt“ Jesus (Lk , 21; 4, 1; 10, 21). Paulus, seinem Selbstbewußtsein nach im Besitz des göttlichen Geistes, erinnert eindringlich an die Gegenwart u. das Wirken des göttlichen Geistes in allen Getauften (Röm 5, 5; 8, 11 15 23; 1 Kor , 16; 6, 19). Durch das P. sind sie herausgenommen aus dem Bereich der Sünde u. des Todes (Röm 15, 16). Die Initiative u. die Verwirklichung des Gebets werden auf den Heiligen Geist zurückgeführt (Röm 8, 14 26; vgl. Gal 4, 6). Erkennbar ist der Heilige Geist in den Glaubenden an den ”Früchten des Geistes“ (Gal 5, 22 f.). Denen, die die ”Erstlingsgabe “ des Heiligen Geistes besitzen, schenkt er die Hoffnung auf Erlösung (Röm 8, 23). Durch die Taufe mit dem einen Geist werden die Glaubenden zu einem Leib (1 Kor 12, 13). Sie werden ermahnt, den Geist nicht auszulöschen (1 Thess 5, 19). Paulus spricht von der Bedeutung der Geistesgaben für den Aufbau der Gemeinden (Charisma), warnt aber vor übertreibender Wertung (Glossolalie). Er sieht Geist u. Buchstabe im Widerspruch zueinander (2 Kor , 14–17), ebenso den Geist u. das ”Fleisch“ (Sarx). Das göttliche P. befähigt zum Bekenntnis Jesu als des Kyrios (1 Kor 12, 3). Paulus versteht das göttliche P. als den Geist Jesu Christi, so sehr, daß den Kyrios mit dem Geist identifiziert (2 Kor , 17). Bemerkenswert ist das Vorkommen des Heiligen Geistes in ”triadischen Formeln“ u. Schilderungen der Wirkweisen (1 Kor 12, 4–28; 2 Kor 1, 13). Das ”lukanische Doppelwerk“ (Lk u. Apg) betont das Wirken des Heiligen Geistes in den Aposteln, in den Jüngern u. in der Kirche insgesamt (vgl. auch Firmung). Nach Lk, Apg u. noch mehr nach Joh ist es der zu Gott erhöhte Jesus Christus, der den Heiligen Geist schenkt oder sendet. In der johanneischen Theologie hilft der göttliche Geist als Paraklet zum Einssein mit der Wahrheit. Insgesamt bezeugen die P.-Texte beider Testamente (u. die des Frühjudentums) ein Wirken Gottes durch seinen Heiligen Geist, das absolut frei, souverän u. ”personal“, auf keinen Fall also eine ”unpersönliche Kraft“ ist, aber ohne daß das göttliche P. zu einer ”Person“ mit eigenem psychischem Aktzentrum u. eigener willentlicher Aktivität gemacht werden müßte. Das verlangen auch die sog. ”triadischen Formeln “ (außer bei Paulus v. a. Mt 28, 19) nicht. Zu beachten ist ferner, daß angesichts der Geist-Zeugnisse des AT u. des Glaubensbekenntnisses (”der gesprochen hat durch die Propheten“) nicht behauptet werden kann, Sendung u. Wirken des Heiligen Geistes seien ausschließlich vermittelt durch den erhöhten Jesus Christus. Zur Theologiegeschichte u. Systematik: [c darkviolet]Heiliger Geist .