Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Pessimismus
   (lat. ”pessimum“ = das Schlimmste) kann eine negative Grundstimmung gegenüber dem Dasein heißen. Sie ist auch auf physiologische Bedingungen zurückzuführen u. daher eventuell auf Therapie angewiesen (Depressionen). In religiöser Sicht besteht der P. in einem sehr intensiven Erleben des Scheiterns positiver Bemühungen, der alle Bereiche des Menschseins betreffenden Vergänglichkeit, der Dunkelheit der Gottes-erfahrungen, aber auch tiefer Schuldverflechtungen. Wenn eine solche Grundstimmung einschwingt in das dunkle Geheimnis Gottes, das ”diesseitig “ unbegriffen bleiben muß, wird sie zu Recht akzeptiert u. als eine Art der Nähe Gottes verstanden. Wenn sie weltanschaulich absolut gesetzt u. zu einer Auffassung führen würde, ”alles“ sei absurd (das Absurde), sinnleer, unter der Herrschaft dumpfer Triebe stehend usw., wäre der P. selber absurd. Er müßte sich ja befragen lassen, warum er in der Überzeugung von totaler Sinnlosigkeit überhaupt die Frage nach Sinn stellt. Er müßte sich sagen lassen, daß er eine begrenzte Erfahrung absolut setze (wobei er nicht grundsätzlich leugnen könne, daß es die Erfahrung von Liebe, Güte, Geist u. Freiheit auch gibt). Er wäre zu fragen, ob er in seiner Erfahrung des Vergänglichen u. Endlichen neben der nicht zu leugnenden Negativität die Offenheit ”nach vorn“, die Idee eines Zieles u. damit die Möglichkeit einer Hoffnung übersieht. Transzendentalphilosophisch könnte ihm gesagt werden, daß die Transzendenz auch der Grund der Möglichkeit der pessimistischen Sicht u. darum notwendigerweise die Bejahung des Seins ist. Wo der P. nicht völlig krankhafter Herkunft, sondern willentlich beeinflußbar ist, könnte er seine vielfältigen Schmerzen als Geburtswehen der Liebe u. der verheißenen Zukunft annehmen u. bereit sein, sich von Gott Vergebung schenken zu lassen. ”Dies aber ist die Gnade“ (K. Rahner).
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