Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Paradosis
   (griech. = Weitergabe), ein nicht selten im NT vorkommendes Wort für Überlieferung oder Tradition (darunter Mk 7, 3–13 par. über die Tora-Auslegung, 1 Kor 11, 2–16 über die Abendmahlsüberlieferung, 1 Kor 15, 1–5 über erste Formeln des Glaubensbekenntnisses, 2 Thess 2, 15; , 6 über Traditionen in paulinischen Gemeinden). Paradox (griech. = gegen das Geltende), eine Widerspruch provozierende oder Erstaunen hervorrufende unerwartete Redeweise im alltäglichen Umgang, in Philosophie u. Theologie. Das P. wurde u. a. schon bei Platon († 347 v.Chr.), in der Stoischen Philosophie u. bei Cicero († 43 v.Chr.) zum Gegenstand eingehender Reflexionen.Nicht wenige moderneWissenschaften befassen sich mit Paradoxien. In der theologisch orientiertenMystik ist das P. eine unverzichtbare Ausdrucksform (vgl. die [c darkviolet]Coincidentia oppositorum bei Nikolaus von Kues † 1464). Gegen die positive Funktion des Widerspruchs in der Religionsphilosophie G. W. F. Hegels († 1831) wandte sich S. Kierkegaard († 1855): Das endliche Denken ist überfordert, wenn es das ewige, unendliche Sein als zeitliches, geschichtliches denken soll, wie es vom Evangelium her gerade gefordert ist. Von Kierkegaard aus gilt das P. bei manchen ev. Theologen (K. Barth †1968, P. Tillich †1965 u. a.) als die einzige konsequente Denkform der Theologie.
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