Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Origenismus
   Zu unterscheiden ist zwischen der nur unvollständig bekannten authentischen Lehre des bedeutenden alexandrinischen Theologen Origenes († 253) mit seiner unmittelbaren Schule u. späteren Ausprägungen seines Erbes. a) In seiner sehr erfolgreichen Lehrtätigkeit unterschied Origenes die Darbietung für die ”Kleinen“ von der für Fortgeschrittenere. Er mühte sich um die begriffliche Fassung der göttlichen Trinität, um ein genaueres Verständnis der Inkarnation u. um die Schriftsinne. Das verwendete gedankliche Instrumentar verdankte er dem neu entstehenden Neuplatonismus. In allen theol. Bemühungen war ihm der sprituelle u. mystische Gehalt wichtig. Mit der Alexandrinischen Theologenschule war er von der Existenz einer göttlichen ”Pädagogik“ überzeugt, durch die Menschen – deren Seelen vor ihrer Geburt bei Gott ”präexistent“ gewesen seien – mit Hilfe der göttlichen Weisheit von den irdischen Dingen zu den himmlischen Dingen u. zu Gott gelangen sollen. Diesen Prozeß betrachtete Origenes ”heilsoptimistisch“, indem er bei ”allen vernunftbegabten Seelen“ nach einer langen Zeit der Prüfung u. Läuterung mit einer endgültigen Rettung rechnete (Apokatastasis). Eingetaucht in die vollkommene Erfahrung der Liebe Gottes, die das Paradies bei weitem übertreffe, würde kein Geschöpf mehr in die Ungerechtigkeit zurückfallen. – b) Zu Predigten nach Palästina eingeladen, ließ sich Origenes in Caesarea zum Priester weihen u. wurde darum von der Gemeinde in Alexandrien ausgeschlossen. Von da ab datieren heftige Streitigkeiten über seine Lehre, wobei ihm Gedanken unterstellt wurden, die er nicht mit Sicherheit vorgetragen hatte (z. B. über Seelenwanderung oder über endgültige Erlösung des Teufels). In bestimmten Mönchskreisen (einflußreich Euagrios Pontikos † 399) wurden Lehren des Origenes übertrieben oder neu erfunden u. von anderen wiederum bekämpft. Ein Hauptgegner war Hieronymus († 419); auch Augustinus († 430) polemisierte gegen Origenes wegen dessen erbarmungsvollen Mitleids. Kaiser Justinian I. († 565) griff in die Mönchsstreitigkeiten ein u. verurteilte 543 u. 553 mit Dekreten neun Irrlehren, die bei Origenes nicht nachzuweisen sind. Das II. Konzil von [c darkviolet]Konstantinopel verurteilte 553 einige in 15 Thesen zusammengefaßte, dem Origenes zugeschriebene Sätze, z. B. die Lehre von der Präexistenz der Seelen u. von der Einholung des guten Schöpfungsanfangs im Ende.
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