Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Motiv
   (lat. = das Bewegende) heißt jenerWert, der einen frei Handelnden zu einer Tat bewegt, ohne ihn darum zu nötigen. In der philosophischen Diskussion war strittig, ob dieser Wert primär vom Intellekt erkannt wird u. den Willen indirekt beeinflußt oder umgekehrt. Ebenso wurde über die Ansicht gestritten, die Motive seien in erster Linie von Affekten u. Gefühlen bestimmt. Die bewußten Motive, mit denen sich Philosophie u. Psychologie bis ins 20. Jh. ausschließlich beschäftigten, wurden durch unbewußte Antriebe ergänzt. Die neuere ethische Diskussion weist darauf hin, daß den Vernunftentscheidungen subjektive Vorgegebenheiten vorausliegen, die nicht restlos rational wirksam sind (Erbarmen, Mitleid, Nächstenliebe). Die Dogmatik unterscheidet M. u. Formalobjekt. Letzteres ist der bestimmte Aspekt, unter dem ein Gegenstand von einem Akt intentional erfaßt wird. M. u. Formalobjekt können identisch sein, sind es aber nicht notwendigerweise. Die Reue aus Furcht (Attritionismus) verurteilt z. B. die Sünde als Verletzung des göttlichen Anspruchs auf den Menschen (= Formalobjekt) wegen der Strafe (= Motiv). Wenn M. u. Formalobjekt verschieden hohe Werte sind, muß dieser Unterschied eine Entscheidung nicht grundsätzlich ethisch verderben.
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