Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Molinismus
   das von dem Spanier L. de Molina SJ († 1600) in bewußtem Widerspruch gegen den Bañezianismus entworfene Gnadensystem. Der M. geht davon aus, daß die menschliche Freiheit als Entscheidungsfähigkeit durch die Erbsünde nicht geschwächt wurde. Die Mitwirkung Gottes wird als Bewirkung des freien menschlichen Handelns durch Gott verstanden, nicht als physische Prädetermination. Der M. möchte mit Hilfe des Begriffs der Scientia media erklären, wie das gedacht werden könne, ohne daß Gottes Souveränität u. die menschliche Freiheit beeinträchtigt würden. In diesem ”mittleren Wissen“ wisse Gott, wie ein Mensch unter den unterschiedlichsten konkreten Umständen sich frei verhalten würde, wenn Gott diesen oder jenen konkreten Umstand herbeiführen würde. Wenn nun Gott in souveräner Verfügung einen bestimmten konkreten Umstand herbeiführe, wäre damit auch das freie menschliche Handeln herbeigeführt, ohne daß die Entscheidungsfreiheit des Menschen beeinträchtigt wäre. In dem Augenblick, in dem ein Mensch die von Gott vorausgesehene freie Entscheidung trifft, würde je nach der ”scientia media“ die von Gott frei geschenkte zuvorkommende Gnade (die ”gratia praeveniens “) zur helfenden Gnade (zur ”gratia adiuvans“), die hinreichende Gnade (die ”gratia sufficiens“) zur wirksamen Gnade (zur ”gratia efficax“) oder eben nicht. Neben der Anfrage, ob in diesem System die Offenbarung Gottes über die Gnade ernstgenommen werde, wurde in dem Gnadenstreit seit 1588 gegen den M. die Anklage vorgetragen, er sei mit der Gnadentheologie des Augustinus († 430) u. des Konzils von Trient nicht vereinbar u. stelle einen Semipelagianismus dar. Papst Paul V. verbot 1607 den streitenden Dominikanern u. Jesuiten, sich gegenseitig die Rechtgläubigkeit abzusprechen.
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