Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Menschenrechte
   heißen die grundlegenden, universal gültigen Rechte, die jedem Menschen aufgrund seines Menschseins allein, ungeachtet aller möglichen oder bestehenden Unterschiede, zukommen (”Grundrechte“). Ihre Geltung hat den Vorrang vor allen anderen rechtlichen Regelungen. Aufgrund der Geschichtlichkeit der Menschen u. ihrer Verwirklichung in einer evolutivenWelt gibt es keine statisch erschöpfende Festlegung der M.; die bestehenden Erklärungen u. Aufzählungen sind vielmehr Ergebnisse von Erfahrungen mit den katastrophalen Folgen der Menschenrechtsverletzungen. Die M. betreffen das menschliche Individuum (Recht auf Leben, Freiheit von Zwang, Gewissensfreiheit, Recht auf Eigentum), seine politische Existenz (Beteiligung an Meinungsbildung u. Entscheidungen), das Sozialleben (Recht auf Arbeit u. Ausbildung, Gleichheit der Bildungschancen) sowie das Zusammenleben von Völkern u. Kulturen (Völkerrecht; Verhinderung von Kriegen u. Gewaltanwendung; Teilhabe der DrittenWelt an den Gütern der Erde; Umweltschutz usw.). Die Geschichte der Erkenntnis der M. beginnt in der vorchristlichen Antike mit dem Nachdenken über die Menschenwürde. Trotz der möglichen Ansätze in der christlichen Tradition (Gal , 28) u. bemerkenswerten Bemühungen der Spätscholastik (F. de Vitoria † 1546, B. de Las Casas †1566 u. a.), die auf dem Weg über H. Grotius († 1645) zu den bedeutenden Menschenrechtsphilosophen der Aufklärung (J. Locke †1704, Ch. Wolff †1754 u. a.) gelangten, verweigerte sich die röm.-kath. Kirche bis ins 20. Jh. den Menschenrechten. Meilensteine auf dem Weg ihrer öffentlichen Anerkennung waren die Verfassung der USA von 1789 (vom ev. Christentum geprägt) u. die (religionslose) Formulierung der französischen Nationalversammlung von 1789 sowie der überragende Einfluß I. Kants († 1804) hinsichtlich der philosophischen Fundierung. Die Päpste des 19. Jh. bekämpften die M. als ”zügellose Freiheitslehren“ (Gregor XVI. †1846; Pius IX. † 1878; Leo XIII. †1903). Die Katastrophen der M. im 20. Jh. führten zur ”Allgemeinen Erklärung der M.“ durch die Vereinten Nationen 1948, die in zahlreichen internationalen Verträgen (u. a. gegen die Diskriminierung der Frauen, gegen die Folter, zum Schutz der Rechte der Kinder usw.) konkretisiert wurden u. werden. Die kath. Anerkennung der M. datiert mit Johannes XXIII. († 1963) u. seiner Enzyklika ”Pacem in terris“ 1963. Trotz verbaler Erklärungen bleibt die Verwirklichung der M. in der Kirche unzureichend.
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