Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Meditation
(lat. = Nachdenken) wird heute überwiegend als aktiver methodischer Prozeß des Zu-sich-selber-Kommens verstanden. Die heutige M. hat keineswegs notwendigerweise religiösen Charakter. Sie unterscheidet sich von der auf ein Objekt oder Thema konzentrierten Betrachtung u. von dem eher passiven Durchdrungensein von einer religiösen Erfahrung in der Kontemplation. Von der Geschichte der M. her entwickelten sich zwei verschiedene Traditionen. Die eine ist in der fernöstlichen Religiosität begründet. Im Hinduismus besteht der Prozeß der M. im klaren Erkennen u. im bewußten, methodischen Entfernen dessen, was in der Sinnenwelt an der Vereinigung des Menschen mit der Gottheit hindert. Im Buddhismus dient die Versenkung ebenfalls der Beseitigung der vitalen Antriebe u. der Einübung der Überwindung aller polaren Gegensätze als Vorbedingungen für das definitive Erlangen seliger Erlösung im Nirwana. Zwei Elemente der fernöstlichen M. sind in westlichen Gesellschaften besonders aktuell geworden, Zen u. Yoga. Der Stufenweg des Zen besteht in der Befreiung von Leidenschaften, Erlangung von Gelassenheit im Blick auf Leben u. Tod, Erfahrung des Einklangs u. der Einheit mit kosmischen Kräften, Erreichen einer mystischen Erleuchtung, bei der das Bewußtsein von Zeit verschwunden ist. Yoga unterscheidet sich im Hinblick auf die innere Einstellung zu Entfremdungen, Leidenschaften u. Sinnlichkeit nicht von den genannten Konzeptionen; es handelt sich vielmehr um detailliert ausgearbeitete Techniken des befreienden Prozesses (Lebensweise, Atmung, Entspannung, Ernährung). Die Verbreitung dieserMeditationsformen imWesten ist auf die Einsicht in zerstörerische Lebensweisen u. Ablehnung der entfremdenden Formen der modernen Arbeitswelt zurückzuführen; daraus ergab sich die Aufmerksamkeit der psychologischen Wissenschaften für die M. u. deren Einbeziehung in Therapien. – Die zweite Tradition der M. entstand im Christentum, beginnend mit den Läuterungs- u. Versenkungsmethoden des östlichen Mönchtums u. in der Gegenwart unter Einbeziehung fernöstlicher Erkenntnisse neu belebt. In dieser neueren Entwicklung gilt der Selbstfindung u. Selbsterfahrung, die als positiv u. unentbehrlich bewertet werden, vermehrte Aufmerksamkeit. Was sonst vom Mittelalter an, in der Mystik, bei M. Luther († 1546), Ignatius von Loyola († 1556) u. a. als Läuterung, Befreiung u. Versenkung praktiziert wurde, gehört eher zu Kontemplation (mystisch) u. Betrachtung (ignatianisch) mit dem Ziel einer personalen Gottes- bzw. Christuserfahrung als zur Meditation.
(lat. = Nachdenken) wird heute überwiegend als aktiver methodischer Prozeß des Zu-sich-selber-Kommens verstanden. Die heutige M. hat keineswegs notwendigerweise religiösen Charakter. Sie unterscheidet sich von der auf ein Objekt oder Thema konzentrierten Betrachtung u. von dem eher passiven Durchdrungensein von einer religiösen Erfahrung in der Kontemplation. Von der Geschichte der M. her entwickelten sich zwei verschiedene Traditionen. Die eine ist in der fernöstlichen Religiosität begründet. Im Hinduismus besteht der Prozeß der M. im klaren Erkennen u. im bewußten, methodischen Entfernen dessen, was in der Sinnenwelt an der Vereinigung des Menschen mit der Gottheit hindert. Im Buddhismus dient die Versenkung ebenfalls der Beseitigung der vitalen Antriebe u. der Einübung der Überwindung aller polaren Gegensätze als Vorbedingungen für das definitive Erlangen seliger Erlösung im Nirwana. Zwei Elemente der fernöstlichen M. sind in westlichen Gesellschaften besonders aktuell geworden, Zen u. Yoga. Der Stufenweg des Zen besteht in der Befreiung von Leidenschaften, Erlangung von Gelassenheit im Blick auf Leben u. Tod, Erfahrung des Einklangs u. der Einheit mit kosmischen Kräften, Erreichen einer mystischen Erleuchtung, bei der das Bewußtsein von Zeit verschwunden ist. Yoga unterscheidet sich im Hinblick auf die innere Einstellung zu Entfremdungen, Leidenschaften u. Sinnlichkeit nicht von den genannten Konzeptionen; es handelt sich vielmehr um detailliert ausgearbeitete Techniken des befreienden Prozesses (Lebensweise, Atmung, Entspannung, Ernährung). Die Verbreitung dieserMeditationsformen imWesten ist auf die Einsicht in zerstörerische Lebensweisen u. Ablehnung der entfremdenden Formen der modernen Arbeitswelt zurückzuführen; daraus ergab sich die Aufmerksamkeit der psychologischen Wissenschaften für die M. u. deren Einbeziehung in Therapien. – Die zweite Tradition der M. entstand im Christentum, beginnend mit den Läuterungs- u. Versenkungsmethoden des östlichen Mönchtums u. in der Gegenwart unter Einbeziehung fernöstlicher Erkenntnisse neu belebt. In dieser neueren Entwicklung gilt der Selbstfindung u. Selbsterfahrung, die als positiv u. unentbehrlich bewertet werden, vermehrte Aufmerksamkeit. Was sonst vom Mittelalter an, in der Mystik, bei M. Luther († 1546), Ignatius von Loyola († 1556) u. a. als Läuterung, Befreiung u. Versenkung praktiziert wurde, gehört eher zu Kontemplation (mystisch) u. Betrachtung (ignatianisch) mit dem Ziel einer personalen Gottes- bzw. Christuserfahrung als zur Meditation.