Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Materie
(griech. = Urstoff). 1. In der Philosophie wird die M. von den ”Vorsokratikern “ (6. Jh. v.Chr.) an thematisiert, denen die Zusammensetzung u. Veränderung des ”Urstoffs“ durch Atome bereits bekannt ist. Aristoteles († 322 v.Chr.) bezeichnet mit M. den von sich aus unbestimmten, bestimmbaren u. der Bestimmung bedürftigen tragenden Grund eines Seienden, der durch eine Form bestimmt wird. Im aristotelischen [c darkviolet]Hylemorphismus wird die M. beim nichtgeistigen Seienden als reine Potenz (die ”erste M.“) vom formgebenden Akt unterschieden; die bereits geformte ”zweite M.“ ist Gegenstand der Naturforschung (diese hylemorphistische Sicht spielt in der kath. Theologie der Sakramente eine Rolle). In der späteren Philosophie kommt der Begriff M. gelegentlich als Bezeichnung alles dessen, was bestimmbar ist, vor, doch wird der Hylemorphismus aufgegeben u. M. als körperlicher Stoff aufgefaßt, der nach Raum, Masse u. Gestalt beschreibbar ist u. bewußtseinsunabhängig existiert.
2. Die gegenwärtige Naturwissenschaft erkennt die M. als hochkomplexes, aus kleinsten Teilchen (u. Antiteilchen) aufgebautes Gefüge, ihren Kräften (Wechselwirkungen, Kraftfeldern) nach erforscht. Die Beschäftigung mit der M. hat sich auf die ”kosmische M.“ (”Gesamtmasse“) ausgeweitet. Mit der Wesensfrage, was M. ist, befaßt sich die Naturwissenschaft nicht.
3. Theologische Perspektiven: In einem allgemein zugänglichen Sprachgebrauch kann M. als das konkrete, physikalische Nichtgeistige aufgefaßt werden, das Gegenstand der äußeren Erfahrung des Alltags, der Physik, Chemie, Biologie u. der anthropologischenWissenschaften ist, soweit letztere auf der Erfahrung der Leibhaftigkeit des Menschen beruhen. Im jüdischen u. christlichen Glauben gilt, daß diese M. ganz von Gott geschaffen ist; diese Aussage betrifft nicht das Wie der Schöpfung, sondern sie besagt, daß die M. Gott nicht als ein gleich ewiges, das heißt gleich zeitmächtiges selbständiges Prinzip gegenübersteht, u. daß sie als von Gott gewollte u. geschaffene gut ist. In christlicher Sicht ist sie (verbürgt durch die Inkarnation u. die Auferstehung Jesu ) ein endgültig bleibendes Moment an der Schöpfung auch in deren verwandelter Gestalt der Endgültigkeit. Es ist nicht möglich, sich vom Zustand der bleibenden M. in der vollendeten Welt eine positive Vorstellung zu machen; der Glaube besagt nur, daß die Wirklichkeit als vorgeistiger Grund des endlichen Geistes in der Vollendung nicht einfach eliminiert wird. Endlicher Geist u. M. (diese als ”inneres Moment“ am konkreten geistigen Seienden, als dessen notwendige ”Umwelt“ u. als ”Stoff“ der Selbstverwirklichung des Geistes) bilden eine bleibende, gute Einheit. Eine Offenheit desMateriellen in seiner [c darkviolet]Evolution hin zum Geistigen unter dem dauernden schöpferischen Impuls des zugleich welttranszendenten u. weltimmanenten göttlichen Geistes widerspricht der christlichen Lehre von einem Wesensunterschied von Geist u. M. nicht. Eine Selbsttranszendenz der M. auf den Geist hin kann daher diskutiert werden. Die Glaubenslehre von der Inkarnation des göttlichen Logos besagt, daß die höchste Geistigkeit noch die unterste Tiefe der Wirklichkeit durchdringt u. daß sie diese in Freiheit zum ewig bleibenden Moment an der konkreten Wirklichkeit Gottes gemacht hat.
(griech. = Urstoff). 1. In der Philosophie wird die M. von den ”Vorsokratikern “ (6. Jh. v.Chr.) an thematisiert, denen die Zusammensetzung u. Veränderung des ”Urstoffs“ durch Atome bereits bekannt ist. Aristoteles († 322 v.Chr.) bezeichnet mit M. den von sich aus unbestimmten, bestimmbaren u. der Bestimmung bedürftigen tragenden Grund eines Seienden, der durch eine Form bestimmt wird. Im aristotelischen [c darkviolet]Hylemorphismus wird die M. beim nichtgeistigen Seienden als reine Potenz (die ”erste M.“) vom formgebenden Akt unterschieden; die bereits geformte ”zweite M.“ ist Gegenstand der Naturforschung (diese hylemorphistische Sicht spielt in der kath. Theologie der Sakramente eine Rolle). In der späteren Philosophie kommt der Begriff M. gelegentlich als Bezeichnung alles dessen, was bestimmbar ist, vor, doch wird der Hylemorphismus aufgegeben u. M. als körperlicher Stoff aufgefaßt, der nach Raum, Masse u. Gestalt beschreibbar ist u. bewußtseinsunabhängig existiert.
2. Die gegenwärtige Naturwissenschaft erkennt die M. als hochkomplexes, aus kleinsten Teilchen (u. Antiteilchen) aufgebautes Gefüge, ihren Kräften (Wechselwirkungen, Kraftfeldern) nach erforscht. Die Beschäftigung mit der M. hat sich auf die ”kosmische M.“ (”Gesamtmasse“) ausgeweitet. Mit der Wesensfrage, was M. ist, befaßt sich die Naturwissenschaft nicht.
3. Theologische Perspektiven: In einem allgemein zugänglichen Sprachgebrauch kann M. als das konkrete, physikalische Nichtgeistige aufgefaßt werden, das Gegenstand der äußeren Erfahrung des Alltags, der Physik, Chemie, Biologie u. der anthropologischenWissenschaften ist, soweit letztere auf der Erfahrung der Leibhaftigkeit des Menschen beruhen. Im jüdischen u. christlichen Glauben gilt, daß diese M. ganz von Gott geschaffen ist; diese Aussage betrifft nicht das Wie der Schöpfung, sondern sie besagt, daß die M. Gott nicht als ein gleich ewiges, das heißt gleich zeitmächtiges selbständiges Prinzip gegenübersteht, u. daß sie als von Gott gewollte u. geschaffene gut ist. In christlicher Sicht ist sie (verbürgt durch die Inkarnation u. die Auferstehung Jesu ) ein endgültig bleibendes Moment an der Schöpfung auch in deren verwandelter Gestalt der Endgültigkeit. Es ist nicht möglich, sich vom Zustand der bleibenden M. in der vollendeten Welt eine positive Vorstellung zu machen; der Glaube besagt nur, daß die Wirklichkeit als vorgeistiger Grund des endlichen Geistes in der Vollendung nicht einfach eliminiert wird. Endlicher Geist u. M. (diese als ”inneres Moment“ am konkreten geistigen Seienden, als dessen notwendige ”Umwelt“ u. als ”Stoff“ der Selbstverwirklichung des Geistes) bilden eine bleibende, gute Einheit. Eine Offenheit desMateriellen in seiner [c darkviolet]Evolution hin zum Geistigen unter dem dauernden schöpferischen Impuls des zugleich welttranszendenten u. weltimmanenten göttlichen Geistes widerspricht der christlichen Lehre von einem Wesensunterschied von Geist u. M. nicht. Eine Selbsttranszendenz der M. auf den Geist hin kann daher diskutiert werden. Die Glaubenslehre von der Inkarnation des göttlichen Logos besagt, daß die höchste Geistigkeit noch die unterste Tiefe der Wirklichkeit durchdringt u. daß sie diese in Freiheit zum ewig bleibenden Moment an der konkreten Wirklichkeit Gottes gemacht hat.