Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Materialismus
ist ein Ende des 17. Jh. geprägter Begriff für unterschiedliche Versuche eines systematischen Weltverständnisses, dessen Anfänge bereits in der griech. Antike bezeugt sind (Demokrit † um 370 v.Chr.), das die erfahrbare Welt als einheitliches Ganzes aus sich selber heraus erklären will. Damit ist die Behauptung eines Vorrangs der Materie vor dem Geist, der materiellen Welt vor der Welt der Ideen gegeben. Materialistisch sind z. B. der Monismus, die Reduzierung der Seele u. der geistigen Aktivitäten auf Prozesse des Gehirns in manchen Naturwissenschaften, die Interpretationen der Geschichte als (überwiegend) bedingt durch die materielle Situation der Menschen (Ideologie), auch die ethischen Theorien der Lustmaximierung (seit Epikur †270 v.Chr.). Infolge des mechanistischen Denkens der Neuzeit (Cartesianismus, Naturwissenschaften) entstand in der französischen Aufklärung des 18. Jh. ein ausgeprägt deterministischer (Determinismus) u. atheistischer M. Aus dem 19. Jh. sind ein aggressiver Vulgärmaterialismus auf naturwissenschaftlicher Basis u. der historische, später dialektische M. (das Erkennen als Widerspiegelung der Außenwelt) zu nennen. Insofern in den verschiedenen Spielarten des M. dieMaterie als einheitliche Substanz aufgefaßt u. ihre Mannigfaltigkeit in quantitativer, qualitativer u. struktureller Hinsicht nicht erkannt wird, hebt sich der M. selber auf. Neuere Erkenntnisse über die Natur als Chaos widersprechen dem monistischen Weltverständnis. Der heutige Positivismus leistet dem M. insofern Vorschub, als er den Methodenpluralismus nicht anerkennt. Für die Theologie ist es keine schwere Aufgabe, die Defizite des erkenntnistheoretischen M. nachzuweisen; sie hätte aber auf die Warnung zu achten, die in der Verbindung des M. mit der menschlichen Freiheitsgeschichte (insofern diese von Theologie u. Kirche nicht gefördert wurde) besteht; ferner hätte sie in der materialistischen Absage an den Idealismus die Anfrage an sich selber zu vernehmen, ob sie die konkrete Situation des Menschen als sinnliche u. daher leidende u. hinfällige Kreatur ernst genug nimmt.
ist ein Ende des 17. Jh. geprägter Begriff für unterschiedliche Versuche eines systematischen Weltverständnisses, dessen Anfänge bereits in der griech. Antike bezeugt sind (Demokrit † um 370 v.Chr.), das die erfahrbare Welt als einheitliches Ganzes aus sich selber heraus erklären will. Damit ist die Behauptung eines Vorrangs der Materie vor dem Geist, der materiellen Welt vor der Welt der Ideen gegeben. Materialistisch sind z. B. der Monismus, die Reduzierung der Seele u. der geistigen Aktivitäten auf Prozesse des Gehirns in manchen Naturwissenschaften, die Interpretationen der Geschichte als (überwiegend) bedingt durch die materielle Situation der Menschen (Ideologie), auch die ethischen Theorien der Lustmaximierung (seit Epikur †270 v.Chr.). Infolge des mechanistischen Denkens der Neuzeit (Cartesianismus, Naturwissenschaften) entstand in der französischen Aufklärung des 18. Jh. ein ausgeprägt deterministischer (Determinismus) u. atheistischer M. Aus dem 19. Jh. sind ein aggressiver Vulgärmaterialismus auf naturwissenschaftlicher Basis u. der historische, später dialektische M. (das Erkennen als Widerspiegelung der Außenwelt) zu nennen. Insofern in den verschiedenen Spielarten des M. dieMaterie als einheitliche Substanz aufgefaßt u. ihre Mannigfaltigkeit in quantitativer, qualitativer u. struktureller Hinsicht nicht erkannt wird, hebt sich der M. selber auf. Neuere Erkenntnisse über die Natur als Chaos widersprechen dem monistischen Weltverständnis. Der heutige Positivismus leistet dem M. insofern Vorschub, als er den Methodenpluralismus nicht anerkennt. Für die Theologie ist es keine schwere Aufgabe, die Defizite des erkenntnistheoretischen M. nachzuweisen; sie hätte aber auf die Warnung zu achten, die in der Verbindung des M. mit der menschlichen Freiheitsgeschichte (insofern diese von Theologie u. Kirche nicht gefördert wurde) besteht; ferner hätte sie in der materialistischen Absage an den Idealismus die Anfrage an sich selber zu vernehmen, ob sie die konkrete Situation des Menschen als sinnliche u. daher leidende u. hinfällige Kreatur ernst genug nimmt.