Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Leiden Gottes
Von dem vorchristlichen griech. Gottesdenken aus wurde bereits in der frühchristlichen Theologie die Leidensunfähigkeit Gottes (Apathie) zu einer der göttlichen Wesenseigenschaften erklärt. Das zugrundeliegende Denken verstand Leiden vom Modell der Bewegung vonseiten einer stärkeren Kraft aus, die es im Hinblick auf Gott prinzipiell nicht geben kann (vgl. auch Unveränderlichkeit Gottes ). Das Axiom von Gottes Leidensunfähigkeit ergab sich auch aus der Reflexion über die Geistigkeit u. absolute Einfachheit Gottes . In der ev. wie kath. Theologie des 20. Jh. zeigen sich starke Tendenzen, das Mitsein Gottes mit seiner leidenden Kreatur, seine Nähe u. Solidarität gegen diese Tradition doch als (Mit-) Leiden oder als ”Schmerz Gottes“ zu verstehen (ja sogar von einem ”ohnmächtigen Gott“ zu sprechen). Als wesentliche Begründung wird das Kreuz Jesu angeführt, in dem ”Gott selber“ sich leidend dem Fluch der Sünde u. der Folge, der Gottverlassenheit, ausgesetzt habe, wobei die Göttlichkeit Gottes durch den Hinweis darauf ”gerettet“ wird, daß Gott selber in diesem Leiden nicht unterging, sondern es siegreich überwand. Die Möglichkeit eines solchen Leidens Gottes wird spekulativ in eine innertrinitarische ”Urkenose“ (Kenosis) zurückverlegt. Die Vertreter einer solchen Sicht versuchen, das bedrängende Problem der Theodizee dadurch zu verharmlosen, daß sie Leiden u. Tod zum Ort einer überraschenden Nähe Gottes verklären. Die Theorie vom L. G. vermag den Schmerz offener Fragen an Gott nicht offenzuhalten u. nimmt die Zuflucht zu einer in Wirklichkeit nicht tröstenden Auskunft, die sie in einer sprachlichen Gestalt vorträgt, die den Grundsatz der Analogie aller Gottesrede nicht konsequent respektiert.
Von dem vorchristlichen griech. Gottesdenken aus wurde bereits in der frühchristlichen Theologie die Leidensunfähigkeit Gottes (Apathie) zu einer der göttlichen Wesenseigenschaften erklärt. Das zugrundeliegende Denken verstand Leiden vom Modell der Bewegung vonseiten einer stärkeren Kraft aus, die es im Hinblick auf Gott prinzipiell nicht geben kann (vgl. auch Unveränderlichkeit Gottes ). Das Axiom von Gottes Leidensunfähigkeit ergab sich auch aus der Reflexion über die Geistigkeit u. absolute Einfachheit Gottes . In der ev. wie kath. Theologie des 20. Jh. zeigen sich starke Tendenzen, das Mitsein Gottes mit seiner leidenden Kreatur, seine Nähe u. Solidarität gegen diese Tradition doch als (Mit-) Leiden oder als ”Schmerz Gottes“ zu verstehen (ja sogar von einem ”ohnmächtigen Gott“ zu sprechen). Als wesentliche Begründung wird das Kreuz Jesu angeführt, in dem ”Gott selber“ sich leidend dem Fluch der Sünde u. der Folge, der Gottverlassenheit, ausgesetzt habe, wobei die Göttlichkeit Gottes durch den Hinweis darauf ”gerettet“ wird, daß Gott selber in diesem Leiden nicht unterging, sondern es siegreich überwand. Die Möglichkeit eines solchen Leidens Gottes wird spekulativ in eine innertrinitarische ”Urkenose“ (Kenosis) zurückverlegt. Die Vertreter einer solchen Sicht versuchen, das bedrängende Problem der Theodizee dadurch zu verharmlosen, daß sie Leiden u. Tod zum Ort einer überraschenden Nähe Gottes verklären. Die Theorie vom L. G. vermag den Schmerz offener Fragen an Gott nicht offenzuhalten u. nimmt die Zuflucht zu einer in Wirklichkeit nicht tröstenden Auskunft, die sie in einer sprachlichen Gestalt vorträgt, die den Grundsatz der Analogie aller Gottesrede nicht konsequent respektiert.