Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Lehrfreiheit
gehört zusammen mit der Forschungsfreiheit zur Freiheit der Wissenschaft; sie besteht in dem Recht, eigene u. fremde Forschungsergebnisse in eigener Verantwortung lehrend anderen zu vermitteln. Die Anerkennung dieses Rechts ist eine Errungenschaft der Neuzeit. In Deutschland ist die Freiheit der Wissenschaft grundgesetzlich garantiert (Art. 5 Abs. 3), aber eine ”Treueklausel“ fordert Loyalität zur Verfassung (ebd.) u. begrenzt damit die L. In der kath. Kirche entstehen Spannungen u. Konflikte zwischen der kirchlichen Autorität u. der theol. Wissenschaft, bei denen nicht selten das Recht auf L. eingeklagt wird. Das II. Vaticanum bejahte zwar die rechtmäßige Autonomie der Kultur u. vor allem derWissenschaft (GS 36 , 59 ), doch gilt für die Theologie nur eine relative Autonomie. Da die Theologie wissenschaftliche Reflexion auf den Glauben der Kirche ist, der in der Offenbarung Gottes u. in deren verbindlicher Auslegung durch das kirchliche Lehramt gründet, bestimmt dieser Glaube der Kirche den Raum der theol. L. Dadurch ist die Theologie ”gebunden“ u. zugleich von subjektiver Willkür befreit. In diesem Rahmen u. Raum existieren ein legitimer theol. Pluralismus u. die L. der theol. Schulen. Die offizielle kath. Lehre anerkennt, daß es auch außerhalb der Offenbarung Gottes religiös bedeutsame Erkenntnisquellen gibt. Daraus ergibt sich, daß die Theologie in offenem Dialog mit den nichttheologischen Wissenschaften steht, wenn sie ihren Aufgaben nachkommen will. Nach kirchlicher Lehre kann ein solcher Dialog nie zu einem endgültigen, radikalen Gegensatz zum bisherigen Glaubensverständnis oder zu dessen wesentlicher Änderung führen, weil es nur eine einzige, höchste Quelle aller Wirklichkeiten u. Erkenntnisse gibt. Ein solcher Dialog, der auch in gegenseitigem Befragen besteht, ist nie beendet. Er gehört zum geschichtlichen Verstehen der Offenbarung u. beinhaltet Forschungsfreiheit auf beiden Seiten (nach der je eigenen Methode der Theologie u. der anderenWissenschaften) u. L., weil diese die ”kommunikative Seite“ der Forschungsfreiheit ist. Die Anerkennung des Glaubens als höchste Norm alles Wissens setzt das ”weltliche“ Wissen gerade in seine eigene Freiheit ein. Die Absichtserklärungen des II. Vaticanums über die Förderung der Forschungs- u. Lehrfreiheit auch der Theologie (GS 62 ) ließen hoffen, daß rechtliche Formen gefunden würden, die einen unvermeidlichen Dissens u. Konflikte über die L. geduldig austragen ließen, statt vorschnell u. doch nur vermeintlich das freie Wort zu verbieten.
gehört zusammen mit der Forschungsfreiheit zur Freiheit der Wissenschaft; sie besteht in dem Recht, eigene u. fremde Forschungsergebnisse in eigener Verantwortung lehrend anderen zu vermitteln. Die Anerkennung dieses Rechts ist eine Errungenschaft der Neuzeit. In Deutschland ist die Freiheit der Wissenschaft grundgesetzlich garantiert (Art. 5 Abs. 3), aber eine ”Treueklausel“ fordert Loyalität zur Verfassung (ebd.) u. begrenzt damit die L. In der kath. Kirche entstehen Spannungen u. Konflikte zwischen der kirchlichen Autorität u. der theol. Wissenschaft, bei denen nicht selten das Recht auf L. eingeklagt wird. Das II. Vaticanum bejahte zwar die rechtmäßige Autonomie der Kultur u. vor allem derWissenschaft (GS 36 , 59 ), doch gilt für die Theologie nur eine relative Autonomie. Da die Theologie wissenschaftliche Reflexion auf den Glauben der Kirche ist, der in der Offenbarung Gottes u. in deren verbindlicher Auslegung durch das kirchliche Lehramt gründet, bestimmt dieser Glaube der Kirche den Raum der theol. L. Dadurch ist die Theologie ”gebunden“ u. zugleich von subjektiver Willkür befreit. In diesem Rahmen u. Raum existieren ein legitimer theol. Pluralismus u. die L. der theol. Schulen. Die offizielle kath. Lehre anerkennt, daß es auch außerhalb der Offenbarung Gottes religiös bedeutsame Erkenntnisquellen gibt. Daraus ergibt sich, daß die Theologie in offenem Dialog mit den nichttheologischen Wissenschaften steht, wenn sie ihren Aufgaben nachkommen will. Nach kirchlicher Lehre kann ein solcher Dialog nie zu einem endgültigen, radikalen Gegensatz zum bisherigen Glaubensverständnis oder zu dessen wesentlicher Änderung führen, weil es nur eine einzige, höchste Quelle aller Wirklichkeiten u. Erkenntnisse gibt. Ein solcher Dialog, der auch in gegenseitigem Befragen besteht, ist nie beendet. Er gehört zum geschichtlichen Verstehen der Offenbarung u. beinhaltet Forschungsfreiheit auf beiden Seiten (nach der je eigenen Methode der Theologie u. der anderenWissenschaften) u. L., weil diese die ”kommunikative Seite“ der Forschungsfreiheit ist. Die Anerkennung des Glaubens als höchste Norm alles Wissens setzt das ”weltliche“ Wissen gerade in seine eigene Freiheit ein. Die Absichtserklärungen des II. Vaticanums über die Förderung der Forschungs- u. Lehrfreiheit auch der Theologie (GS 62 ) ließen hoffen, daß rechtliche Formen gefunden würden, die einen unvermeidlichen Dissens u. Konflikte über die L. geduldig austragen ließen, statt vorschnell u. doch nur vermeintlich das freie Wort zu verbieten.