Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kunst
(griech. ”techne“, lat. ”ars“; das deutsche Wort bezeichnet ”wissendes Können“) wird heute als Sammelbegriff für das bewußte menschliche Gestalten durch Literatur,Musik, ”darstellende Künste“ (Theater, Film,Medien) u. ”bildende Künste“ (Malerei, Plastik, Architektur) verwendet. Bis ins 19. Jh. herrschte ein ästhetischer Kunstbegriff vor, wonach die K. als vornehmstes Ziel die Abbildung des Schönen habe; im 19. Jh. wurde die Einbeziehung des Nicht-Schönen als legitim erachtet. Für die I. Kant († 1804) folgende Kunstauffassung ist K. eine eigene Form der Erkenntnis, während sie von G. W. F. Hegel († 1831) an eher als gesellschaftliche Funktion u. Handlungsorientierung verstanden wurde. Die religiöse K. hatte ursprünglich vorwiegend funktionalen Charakter (”Vergegenwärtigung des Heiligen“ usw.; Bilderverehrung). Nach der sog. Konstantinischen Wende im 4. Jh. wurde der kirchliche Bereich für die Förderung der K. entscheidend (in unterschiedlichen ”Wellen“). Mit der Aufklärung entstand umfassend der Anspruch der K. auf Autonomie. Die kirchliche K. führte ein nach rückwärts gewandtes Sonderdasein (z. B. Nazarener, Historismus mit Neuromanik u. Neugotik usw.). Die K. im nichtkirchlichen Bereich sagte Traditionen u. Konventionen ab, löste Formen auf u. wandte sich auf immer neuen Ebenen umfangreichen Experimenten zu, z.T. absichtlos, z.T. als nicht abbildgetreue Wiedergabe gebrochener Daseinserfahrungen, z.T. als programmatische Andeutungen von Utopien. Schritt um Schritt wurde der Kunstbegriff erweitert (was K. ist, bestimmt der Künstler allein; K. ist, was Diskussionen auslöst usw.). Das Ende einheitlicher Wirklichkeitsauffassungen u. Lebenswahrnehmungen äußerte sich im Aufkommen der ”abstrakten“ u. ”kubistischen“ K. Viele dieser künstlerischen Äußerungen waren im Zusammenhang mit der Absage an Traditionen gegen Religion u. Kirche gerichtet oder wurden von diesen als Provokation empfunden. So waren das 19. u. die erste Hälfte des 20. Jh. von Entfremdung, ja Feindseligkeit zwischen Kirchen u. K. geprägt. Die sog. ”moderne“ K. faßte vor dem Zweiten Weltkrieg fast nur durch die Architektur im kirchlichen Bereich Fuß. Während nach 1945 zunächst noch ideologische Vorbehalte gegen die ”gegenstandslose“ K. formuliert wurden (”Verlust der Mitte“), hat sich das Verhältnis von Kirchen u. nichtkirchlicher K. in der zweiten Hälfte des 20. Jh. völlig entkrampft, obwohl christliche Motive z.T. blasphemisch oder makaber verfremdet werden. Viele neue Kunstformen (Aktionen, Objekte, ”Performances“) kommen auch im kirchlichen Bereich zur Geltung. Die theol. Versuche, künstlerische Äußerungen als Wahrnehmungen dessen, ”was uns unbedingt angeht“, in den Dienst zu nehmen (P. Tillich †1965), sind fast ganz verschwunden.
(griech. ”techne“, lat. ”ars“; das deutsche Wort bezeichnet ”wissendes Können“) wird heute als Sammelbegriff für das bewußte menschliche Gestalten durch Literatur,Musik, ”darstellende Künste“ (Theater, Film,Medien) u. ”bildende Künste“ (Malerei, Plastik, Architektur) verwendet. Bis ins 19. Jh. herrschte ein ästhetischer Kunstbegriff vor, wonach die K. als vornehmstes Ziel die Abbildung des Schönen habe; im 19. Jh. wurde die Einbeziehung des Nicht-Schönen als legitim erachtet. Für die I. Kant († 1804) folgende Kunstauffassung ist K. eine eigene Form der Erkenntnis, während sie von G. W. F. Hegel († 1831) an eher als gesellschaftliche Funktion u. Handlungsorientierung verstanden wurde. Die religiöse K. hatte ursprünglich vorwiegend funktionalen Charakter (”Vergegenwärtigung des Heiligen“ usw.; Bilderverehrung). Nach der sog. Konstantinischen Wende im 4. Jh. wurde der kirchliche Bereich für die Förderung der K. entscheidend (in unterschiedlichen ”Wellen“). Mit der Aufklärung entstand umfassend der Anspruch der K. auf Autonomie. Die kirchliche K. führte ein nach rückwärts gewandtes Sonderdasein (z. B. Nazarener, Historismus mit Neuromanik u. Neugotik usw.). Die K. im nichtkirchlichen Bereich sagte Traditionen u. Konventionen ab, löste Formen auf u. wandte sich auf immer neuen Ebenen umfangreichen Experimenten zu, z.T. absichtlos, z.T. als nicht abbildgetreue Wiedergabe gebrochener Daseinserfahrungen, z.T. als programmatische Andeutungen von Utopien. Schritt um Schritt wurde der Kunstbegriff erweitert (was K. ist, bestimmt der Künstler allein; K. ist, was Diskussionen auslöst usw.). Das Ende einheitlicher Wirklichkeitsauffassungen u. Lebenswahrnehmungen äußerte sich im Aufkommen der ”abstrakten“ u. ”kubistischen“ K. Viele dieser künstlerischen Äußerungen waren im Zusammenhang mit der Absage an Traditionen gegen Religion u. Kirche gerichtet oder wurden von diesen als Provokation empfunden. So waren das 19. u. die erste Hälfte des 20. Jh. von Entfremdung, ja Feindseligkeit zwischen Kirchen u. K. geprägt. Die sog. ”moderne“ K. faßte vor dem Zweiten Weltkrieg fast nur durch die Architektur im kirchlichen Bereich Fuß. Während nach 1945 zunächst noch ideologische Vorbehalte gegen die ”gegenstandslose“ K. formuliert wurden (”Verlust der Mitte“), hat sich das Verhältnis von Kirchen u. nichtkirchlicher K. in der zweiten Hälfte des 20. Jh. völlig entkrampft, obwohl christliche Motive z.T. blasphemisch oder makaber verfremdet werden. Viele neue Kunstformen (Aktionen, Objekte, ”Performances“) kommen auch im kirchlichen Bereich zur Geltung. Die theol. Versuche, künstlerische Äußerungen als Wahrnehmungen dessen, ”was uns unbedingt angeht“, in den Dienst zu nehmen (P. Tillich †1965), sind fast ganz verschwunden.