Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kosmologie
   (griech. = die Lehre von der Welt) ist ein von verschiedenen Wissenschaften verwendeter Begriff. Die Religionswissenschaft untersucht Theorien, Mythen oder Sagen über die Entstehung derWelt, die in nahezu allen Religionen vorkommen. Zur biblischen K.: Schöpfungsmythen und biblische Schöpfungserzählungen ; Weltbild. Zur theol. Sicht: Schöpfung, Welt. Die in der vorchristlichen griech. Antike entstehende philosophische K. versuchte die Ordnung des Universums u. den Ort des Menschen in ihm zu ergründen, wobei religiöse Auffassungen (von einer unpersönlichen göttlichen Macht), pantheistische Deutungen u. materialistische Beschränkungen auf die Beobachtung des erfahrbaren Vorhandenen nebeneinander standen. Im Christentum kam die Erklärung des Kosmos als wohlgegliederter, aus dem Willen des personal gedachten Schöpfers hervorgegangener Ordnung hinzu. Mit der Änderung des Weltbilds u. dem Aufkommen der Naturwissenschaften entsteht ein Pluralismus in der K., der im Grunde die genannten vier Auffassungen bis heute neben einander bestehen läßt. Die Physik der Neuzeit verzichtete auf eine K. des Anfangs u. wandte sich einer großen Zahl von Einzelfragen zu. Eine Rolle spielte der Begriff der Unendlichkeit (schon bei Anaximander †546 v.Chr. im Sinn unendlich vieler Welten verstanden), die zunächst noch räumlich u. zeitlich verstanden wurde. Mit der 1916 vorgetragenen Relativitätstheorie A. Einsteins († 1955) kam die der Vorstellung nicht zugängliche Idee auf, der Kosmos sei ein unendlicher (in sich gekrümmter) Raum mit endlichem Volumen. Empirische Untersuchungen wiesen nach, daß es sich dabei nicht um ein ”von Ewigkeit her“ existierendes, stabiles, in sich geschlossenes Universum handeln könne, sondern daß dieses nicht stabil u. in Expansion begriffen sei. Astrophysikalische Berechnungen führten zu einem zeitlichen Ansatz von Raum, Zeit u. der uns bekannten Materie vor maximal 20 Milliarden Jahren u. damit zu dem sog. Urknall, ”hinter“ den zurückzugehen der Naturwissenschaft unmöglich ist. Konsens besteht darüber, daß der uns bekannte Kosmos dem Alter nach endlich ist. Über die genauere Art u. Weise sowie die ”Dauer“ der Expansion existiert eine Mehrzahl von Hypothesen u. vorsichtigen Prognosen. Neben der philosophischen Kategorie der Unendlichkeit wird auch diejenige der Ewigkeit hypothetisch mit einbezogen:Wenn der Kosmos nur durch die Kausalität geschlossen, hinsichtlich des Raumes u. der Zeit aber ”randlos“ ist, dann müßte er als ”ewig“ bezeichnet werden. In der 2. Hälfte des 20. Jh. entstand auch eine Diskussion, in der nach der Stellung des Menschen im Kosmos neu gefragt wurde (Debatte um das ”Anthropische Prinzip“). Das Faktum fand Aufmerksamkeit, daß die Entstehung u. Erhaltung von Leben im Kosmos vom (naturwissenschaftlich unerklärlichen u. als Häufung von Zufällen angesprochenen) Zusammentreffen vieler Faktoren abhängig war. Weitere Schwerpunkte kosmologischer Diskussionen sind die ”Chaostheorie“ u. die Struktur der Materie .
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