Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Konziliarismus
heißt eine von Kanonisten (Kirchenrechtskundigen) des 12. u. 13. Jh. ausgehende, in vielfältigen Ausprägungen vorgetragene Theorie, nach der ein Ökumenisches Konzil die Oberhoheit über den Papst habe. Auslösende Faktoren waren oft praktische Übelstände (Simonie, d. h. Ämtervergabe gegen Geld, politischer Mißbrauch kirchlicher Strafen gegen weltliche Mächte, Spaltung der Kirche durch Gegenpäpste u. andere Ärgernisse), die zu Überlegungen führten, welche Instanz einen Papst absetzen könne. Ein bekannter Vertreter des K., der das Konzil als Repräsentanz der Gesamtkirche auch bei Glaubensentscheidungen ansah, war Marsilius von Padua († um 1343). Die gleichzeitige Existenz zweier, zu Beginn des 15. Jh. sogar dreier konkurrierender Päpste führte zu den Dekreten des Konzils von Konstanz über die Oberhoheit des Konzils über den Papst (vom Konzil von Basel 1439 zum Dogma erhoben). Noch im 15. Jh. verboten jedoch Päpste, gegen einen Papst an ein allgemeines Konzil zu appellieren. Im 15. u. 16. Jh. wurde heftig über die konziliaristische Theorie gestritten, z.T. im Zusammenhang mit der Reformation. Das Wiederaufleben des K. wurde oft von einzelnen Nationen u. ihren Herrschern aus politischen Gründen gefördert (”Gallikanismus“). Er wirkte sich auch in den Strömungen des Jansenismus u. Episkopalismus aus. Die Papst-Dogmen des I. Vaticanums 1870 richteten sich nicht zuletzt gegen ihn. Ein irenischer Rückblick auf den K. u. auf die Diskussionen um das Konzil von Konstanz scheint auf den Minimalkonsens hinzulaufen, daß in einem gravierenden Notstand der Kirche ein Konzil einen Papst absetzen kann, ohne daß damit eine dogmatische Überlegenheit des Konzils über den Papst gegeben wäre. Ebenso könnte ein Konzil wiederum im Notstand bei einer physischen oder psychischen Amtsunfähigkeit eines Papstes dessen Emeritierung friedlich veranlassen, ohne daß das K. wäre.
heißt eine von Kanonisten (Kirchenrechtskundigen) des 12. u. 13. Jh. ausgehende, in vielfältigen Ausprägungen vorgetragene Theorie, nach der ein Ökumenisches Konzil die Oberhoheit über den Papst habe. Auslösende Faktoren waren oft praktische Übelstände (Simonie, d. h. Ämtervergabe gegen Geld, politischer Mißbrauch kirchlicher Strafen gegen weltliche Mächte, Spaltung der Kirche durch Gegenpäpste u. andere Ärgernisse), die zu Überlegungen führten, welche Instanz einen Papst absetzen könne. Ein bekannter Vertreter des K., der das Konzil als Repräsentanz der Gesamtkirche auch bei Glaubensentscheidungen ansah, war Marsilius von Padua († um 1343). Die gleichzeitige Existenz zweier, zu Beginn des 15. Jh. sogar dreier konkurrierender Päpste führte zu den Dekreten des Konzils von Konstanz über die Oberhoheit des Konzils über den Papst (vom Konzil von Basel 1439 zum Dogma erhoben). Noch im 15. Jh. verboten jedoch Päpste, gegen einen Papst an ein allgemeines Konzil zu appellieren. Im 15. u. 16. Jh. wurde heftig über die konziliaristische Theorie gestritten, z.T. im Zusammenhang mit der Reformation. Das Wiederaufleben des K. wurde oft von einzelnen Nationen u. ihren Herrschern aus politischen Gründen gefördert (”Gallikanismus“). Er wirkte sich auch in den Strömungen des Jansenismus u. Episkopalismus aus. Die Papst-Dogmen des I. Vaticanums 1870 richteten sich nicht zuletzt gegen ihn. Ein irenischer Rückblick auf den K. u. auf die Diskussionen um das Konzil von Konstanz scheint auf den Minimalkonsens hinzulaufen, daß in einem gravierenden Notstand der Kirche ein Konzil einen Papst absetzen kann, ohne daß damit eine dogmatische Überlegenheit des Konzils über den Papst gegeben wäre. Ebenso könnte ein Konzil wiederum im Notstand bei einer physischen oder psychischen Amtsunfähigkeit eines Papstes dessen Emeritierung friedlich veranlassen, ohne daß das K. wäre.