Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Konzil
   (lat. = Versammlung).   1. Zur Geschichte. Konzilien u. Synoden als Versammlungen von Bischöfen (in theol. Sicht nicht notwendigerweise nur von Bischöfen) sind als wichtige Lebensäußerungen der Kirche seit Ende des 2. Jh. bekannt. Die Gegenstände der Beratungen u. Beschlüsse waren u. sind von großer Vielfalt. Die einmütige Übereinstimmung (Konsens), die auf dasWirken des Heiligen Geistes zurückgeführt wurde, u. die Suche nach Übereinstimmung mit früheren Konzilien bzw. Synoden waren u. sind durchwegs von größter Bedeutung. Die Organisationsform der Konzilien war u. ist variabel (Nachbarschaftstreffen, Provinzialsynoden, Nationalsynoden, Diözesansynoden, neuerdings kontinentale Synoden). Mit Kaiser Konstantin († 337) entstand die Reichssynode (später ”Ökumenisches K.“), im 1. Jahrtausend immer vomKaiser zur Höchstentscheidung von Glaubensfragen u. stets auch im Interesse des Friedens im Reich einberufen. Die Rivalität zwischen Kaiser u. Papst um Einberufung, Vorsitz u. Recht der Bestätigung wurde erst im 2. Jahrtausend zugunsten des Papsttums entschieden. Im Lauf eines vom 6. Jh. (Ostkirchen) bis zum 12. Jh. (Westkirche) dauernden Prozesses setzte sich die Überzeugung vom wesentlichen Unterschied eines ”Ökumenischen Konzils“ von allen partikularen Konzilien u. Synoden durch. Auch nach der Trennung der Ostkirchen von der Westkirche 1054 bestand lange Zeit Übereinstimmung hinsichtlich der im Osten bis heute geltenden Siebenzahl der Ökumenischen Konzilien (von 325 bis 787), wobei in westkirchlicher Sicht die wenigstens nachträgliche Bestätigung durch den Papst bei der Anerkennung des ”ökumenischen“ Charakters eine Rolle spielte. Erst im Zeichen der Gegenreformation wurden Generalsynoden der lat. Kirche ebenfalls als Ökumenische Konzilien angesehen, so daß die röm. Zählung bis heute 21 umfaßt. Die Auseinandersetzungen um das Verhältnis von Papst u. K. führte zum Konziliarismus, dessen Ideengut vom 11. Jh. bis zum I. Vaticanum 1870 immer wieder auflebte. Die heutige röm.-kath. Sicht besagt, daß in Partikularkonzilien (Diözesansynoden usw.) die Bischöfe jeweils ihre Ortskirche repräsentieren u. als einzige ”Gesetzgeber“ fungieren (alle anderen Mitglieder sind nur Berater), wobei Beschlüsse in Fragen des Glaubens u. der Moral der päpstlichen Zustimmung bedürfen. Kommt eine Repräsentation der röm.-kath. Kirche rechtmäßig zustande (Einberufung, Leitung u. Bestätigung durch den Papst), so heißt diese Zusammenkunft in der röm. Rechtssprache ”Ökumenisches Konzil“.
   2. Theol. Fragen zum Ökumenischen Konzil. Abgesehen von den Rechtsfragen um die Leitung sind die Bischöfe, die unter Leitung des Papstes u. zusammen mit ihm auf einem Ökumenischen Konzil über Glaubensfragen beraten u. Beschlüsse fassen, bei feierlichen dogmatischen Definitionen unfehlbar (II. Vaticanum LG 25 ; Unfehlbarkeit). Sie sind dies auch bei der Ausübung ihres ordentlichen Lehramts in Übereinstimmung mit dem Glauben der Gesamtkirche. In beiden Fällen amtieren sie als Kollegium in der Nachfolgerschaft des Apostelkollegiums. Ein Ökumenisches Konzil bietet die Möglichkeit, die vielgestaltige Einheit der Kirche deutlicher darzustellen u. den Pluralismus der Ortskirchen bewußter werden zu lassen. Ein früheres K. kann nicht einfach nach den heute geltenden Kriterien beurteilt werden. Es repräsentiert das Selbstverständnis der Kirche einer früheren Zeit, nicht das der heutigen. Dieses Selbstverständnis ist bei aller wesentlichen Identität in geschichtlicher Entwicklung (Dogmenentwicklung) begriffen. Ob ein früheres K. im römischen Sinn ”ökumenisch“ war, ob es unfehlbare oder nur disziplinarische Entscheidungen treffen wollte, das ist nur aus den Quellen (Konzilsakten) u. den allgemeinen Absichten des betreffenden Konzils sowie aus den Auffassungen der damaligen Zeit zu erschließen. Die von einem K. vorgetragene Schriftauslegung kann nur dann verbindlich sein, wenn das K. die Absicht hatte u. äußerte, über eine bestimmte Auslegung ausdrücklich zu entscheiden.
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